Sven Giegold

Waffenrichtlinie: Deutsche Waffenlobby verhindert konsequente Regeln

Kaum ein europäisches Thema hat die Posteingänge im Europaparlament so volllaufen lassen wie die Revision der EU-Waffenrichtlinie. Massenhaft beschwerte sich die Waffenlobby im Konzert mit Sportschützen, Jägern und Waffenliebhabern über Pläne zur Verschärfung der Richtlinie.

Schon heute sind vollautomatische Waffen für den Privatbesitz in Europa weitgehend verboten. Halbautomatische Waffen sind dagegen grundsätzlich erlaubt. Viele halbautomatische Waffen sehen aus wie vollautomatische Waffen und können auch leicht in vollautomatische umgerüstet werden. Zudem sind halbautomatische Waffen mit großen Magazinen ebenfalls hochgefährlich.

Auch bei den Anschlägen von München und Paris kamen halbautomatische Waffen mit größeren Magazinen zum Einsatz. Trotzdem scheiterte im Rat der Mitgliedsländer eine schärfere Einschränkung gefährlicher Waffen auch am Widerstand der Bundesregierung. Auch im Europaparlament setzten sich deutsche Christdemokraten gegen eine effektive Beschränkung der Magazingrößen ein.

Die jetzt ausverhandelte Neufassung der Waffenrichtlinie bringt Verbesserungen vor allem beim Austausch von Informationen, den vorzuhaltenden Informationen in den Waffenregistern und der Registrierung von essentiellen Waffenbestandteilen. Deshalb werden wir der Richtlinie an diesem Dienstag im Plenum zustimmen, obwohl sie hinter dem Notwendigen zur Gefahrenabwehr zurückbleibt.

Sven Giegold, Sprecher der Abgeordneten von Bündnis 90/Die Grünen im Europaparlament:

„Es ist richtig, dass Europa die Regeln für gefährliche Waffen im Binnenmarkt gemeinsam regelt. Der Waffenhandel macht an nationalen Grenzen keinen Halt. Deshalb ist erfreulich, wenn die Vorschriften nun strenger werden.

Zynisch ist jedoch, dass die deutsche Bundesregierung die Interessen deutscher Waffenhersteller vor die Sicherheit der Bürger gestellt hat. Ein Verbot großer Magazine für halbautomatische Waffen scheiterte auch an der Bundesregierung. Bei der Waffenlobby können die Sektkorken knallen. Gerade die großen Magazine der Modelle des deutsch-österreichischen Herstellers Glock wurden geradezu maßgeschneidert aus der Richtlinie herausoperiert. Italien schützte entsprechend die Waffen von Beretta. Schon heute hat Großbritannien halbautomatische Waffen faktisch aus dem Verkehr gezogen, konnte sich bei der Verhandlung der Richtlinie jedoch nicht durchsetzen, die maximale Magazingröße aus 10 Schuss zu begrenzen. Frankreich, das für schärfere Waffengesetze offen war, wurde überstimmt.

Sportschützen und Jäger haben selbstverständlich ein Recht darauf, ihren Freizeitbeschäftigungen nachzugehen. Das rechtfertigt aber nicht, besonders gefährliche Waffen in den Verkehr zu bringen. Sie sollten Militär und Sicherheitskräften vorbehalten sein. Es ist bitter, dass auch die vielen mit Sportwaffen verübten Straftaten nicht genügen, um hier harte Grenzen zwischen legitimer Nutzung und Beschränkungen durchzusetzen.“

 

Weiterer Hintergrund zum Lobbying zur Waffenrichtlinie:

http://www.spiegel.de/politik/ausland/eu-waffenlobby-entschaerft-das-neue-waffengesetz-a-1116525.html

Rubrik: Unkategorisiert

Bitte teilen!