Letzte Nacht kam ein Trilog-Treffen von Europaparlament, EU-Kommission und Rat der Mitgliedstaaten nicht zur erhofften Einigung auf europäischen Mindest-Schutz für Whistleblower. Der Rat bestand weiterhin auf der Pflicht von Whistleblowern, zuerst in der eigenen Firma oder Behörde Meldung zu machen (erste Stufe), bevor sie sich extern an eine Aufsichtsbehörde (zweite Stufe) und erst dann an die Presse oder Öffentlichkeit (dritte Stufe) wenden können. Whistleblower müssten jeweils 3 bis 6 Monate auf Rückmeldung in der ersten und zweiten Stufe warten, bevor sie sich erst nach einem Jahr auf europäischen Rechtsschutz bei öffentlicher Meldung verlassen könnten (dreistufiges System). Das Parlament will für Whistleblower Rechtssicherheit unabhängig davon garantieren, ob sie intern Alarm schlagen oder sich direkt an eine Aufsichtsbehörde wenden (zweistufiges System). Schon nach 2 bis 4 Monaten könnten Whistleblower so öffentlich bei garantiertem Rechtsschutz Alarm schlagen.
Während vor allem die Regierungen Deutschlands und Frankreichs weiter auf dem dreistufigen System bestehen, wird von Italien für morgen ein Umschwenken auf eine Position ähnlich der des Europaparlaments erwartet. Die Botschafter der Mitgliedstaaten diskutieren das Thema morgen, Mittwoch 6. März, im Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV). Die niederländische Regierung steht ebenfalls morgen unter Druck, sich im nationalen Parlament (“Tweede Kamer”) zu den laufenden Verhandlungen zu erklären. Auch dutzende Nichtregierungsorganisationen (NGOs) haben erneut an den Rat appelliert, den Zwang zur internen Meldung als Voraussetzung für europäischen Rechtsschutz für Whistleblower fallen zu lassen. Für Donnerstag ist ein technisches Treffen der drei EU-Institutionen geplant. Nächsten Montag 11 März findet ein nächstes politisches Trilog-Treffen statt, für das eine Einigung erhofft wird.
Dazu sagt der Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Europäischen Parlament, Sven Giegold:
“Justizministerin Barley gehen die Verbündeten für ihre Blockade gegen effektiven europäischen Whistleblowerschutz aus. Barleys Festhalten an der Pflicht zur internen Meldung, bevor Whistleblower Missstände öffentlich bekannt machen können, verweigert Whistleblowern effektiven Schutz. Nur ein starker Schutz von Whistleblowern stärkt auch die Arbeit der Medien, die auf Hinweisgeber angewiesen ist.
Ministerin Barley sollte ihre Blockade für effektiven Whistleblowerschutz endlich aufgeben und auf die Kritik der europäischen Wettbewerbshüter und NGOs hören. Die sozialdemokratische Spitzenkandidatin Barley darf nicht blockieren, was Sozialdemokraten und Grüne in Brüssel im Parlament gemeinsam verteidigen. Die Regierungen Deutschlands und Frankreichs müssen aufhören, eine Einigung zu blockieren, die Mehrheiten in den EU-Institutionen längst unterstützen, um das europäische Gemeinwohl besser zu schützen.“
HINTERGRUND:
https://transparency.eu/making-whistleblowing-work-for-europe/
“The EU has a moral and legal responsibility to adopt a directive that builds on the Council of Europe Recommendation and international best practice consensus that protects the voluntary choice of channels for those who disclose wrongdoing.”
ins Deutsche übersetzt: “Die EU trägt eine moralische und rechtliche Verantwortung für die Annahme einer Richtlinie, die auf der Empfehlung des Europarates und dem internationalen Konsens über bewährte Praktiken aufbaut und die freiwillige Wahl der Kanäle für diejenigen schützt, die Missstände aufdecken.
https://www.whistleblower-net.de/wp-content/uploads/2019/03/190303_WBNW_Appell-to-EU-1.pdf
“Mandatory internal reporting is a perversion of the idea of whistleblowing and a slap in the face of all employees. The basic assumption is that they intend to do harm to the organisation for whom they work and on whom they depend and that they do not have enough judgment to make the right decision on the appropriate reporting channel themselves.”
ins Deutsche übersetzt: “Die obligatorische interne Berichterstattung ist eine Perversion der Idee des Whistleblowing und ein Schlag ins Gesicht aller Mitarbeiter. Die Grundannahme ist, dass sie beabsichtigen, der Organisation, für die sie arbeiten und von der sie abhängen, Schaden zuzufügen, und dass sie nicht über genügend Urteilsvermögen verfügen, um selbst die richtige Entscheidung über den geeigneten Berichtsweg zu treffen.”