Sven Giegold

„Wo steht Europa?“ – Rede von Jacques Delors

Am vergangenen Freitag hat Jacques Delors eine bemerkenswerte Rede auf einer Veranstaltung der bündnisgrünen Europagruppe in der NRW-Landesvertretung in Berlin gehalten, die ich hier dokumentieren möchte. Hintergrundinfos zu der Veranstaltung und das Video zur Rede gibt es hier.

„Kurzfassung des Vortrags von Jacques Delors

Berlin, 28. Januar 2011

„Wo steht Europa?“

Es gilt das gesprochene Wort

Es ist jedermann klar, dass die Euro-Krise überaus schwerwiegend ist und die Europäische Union deshalb rasch und wirksam als Feuerwehr aktiv werden muss, um die von den Märkten und von der Spekulation entfachten Brände zu löschen. Aber diese Krise verdeutlicht auch die Notwenigkeit, die Konstruktionsfehler der Wirtschafts- und Währungsunion zu beheben. Mit anderen Worten: Wir brauchen Architekten zur Gestaltung und Konsolidierung des Euro-Gebäudes.

Wir dürfen deswegen jedoch die übrigen Probleme im Zusammenhang mit der Fortsetzung der europäischen Integration, ein Jahr nach Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon, nicht vergessen.

Um die Europäische Union in die richtige Perspektive zu setzen, muss man auch die übrigen Dimensionen unserer gemeinsamen Zukunft berücksichtigen.

 

Die Europäische Union in der Perspektive

Zunächst darf man die Behandlung der EU-Beitrittsanträge nicht außer Acht lassen. Ich denke an die Balkanstaaten (Kroatien, Serbien, Montenegro, Mazedonien…) und auch an das explosive Thema Türkei. Bei letzterem darf man – unabhängig von der eigenen Grundeinstellung – die psychologischen und politischen Gesichtspunkte nicht aus dem Blickwinkel verlieren. Es gilt immer sorgfältig abzuwägen, welche Auswirkungen die Haltung der Union auf sämtliche Beziehungen zur muslimischen Welt und auf die geopolitischen Entwicklungen haben kann.

Zumindest teilweise besteht im Übrigen eine Verbindung zwischen den Erweiterungsproblemen und der Politik der Außenbeziehungen, wie sie die Union neben den klassischen „Freihandelsabkommen“ allen Ländern im Osten anbietet. Wie kann man diese in Überlegungen zur europäischen Russland-Politik mit aufnehmen? Ist es überhaupt möglich, Energie-Themen in unserem Verhältnis zu Russland nicht auf europäischer Ebene zu behandeln?

Die Außenbeziehungen sind ein weites Aufgabenfeld. Ich würde im Rahmen dieser Überlegungen dazu tendieren, der Politik gegenüber den USA, dem Verhältnis zu den großen Schwellenländern Indien, China und Brasilien und der weiteren Entwicklung der Mittelmeer-Union (UPM) einen Vorrang einzuräumen.

Ob G8 oder G20, an Diskussionen über Global Governance wird es nicht mangeln. Hoffentlich werden wir dort ein anderes Gesicht zeigen als beim Umweltgipfel in Kopenhagen, wo gewisse Staats- und Regierungschefs mehr damit beschäftigt waren, von sich reden zu machen, als gemeinsam die exzellenten Vorschläge voranzubringen, die der Europäische Rat angenommen hatte. Von der Einführung neuer Regeln für den internationalen Handel (Doha-Prozess) bis hin zur Überwachung der Finanzmärkte und der Banken, überall sind Fortschritte zu erhoffen, wenn die Europäische Union Entschlossenheit zeigt und mit einer Stimme spricht.

Natürlich drängt sich bei dieser zwangsläufig allzu knappen Gesamtschau am Ende die Frage nach dem „modus operandi“ auf Ebene der Union auf. Unsere Effizienz und unser Einfluss hängen auch davon ab, wie Entscheidungen vorbereitet und dann angenommen werden. Ein Blick auf vergangene Erfahrungen zeigt, dass Europa mit der Gemeinschaftsmethode immer schneller und effizienter war, während die Rückkehr zur intergouvernementalen Methode oft interne Krisen verursacht oder den Entscheidungsprozess verlangsamt hat.

Diese Debatte ist nicht beendet –  zumal jetzt die sogenannte „Unionsmethode“ im Gespräch ist, die unlängst von Bundekanzlerin Merkel in einer Rede beim Europakolleg in Brügge propagiert und illustriert wurde. Deshalb scheint es mir geboten, die Grundlagen und Vorteile der Gemeinschaftsmethode in Erinnerung zu rufen.

 

Der Euro im Mittelpunkt europäischer Widersprüche

Wie ich seit 1997 nachdrücklich betont habe, weist die Wirtschafts- und Währungsunion zwei Konstruktionsfehler auf. Das ist zum einen das Ungleichgewicht zwischen der wirtschaftlichen und der monetären Dimension, bedingt durch die fehlende Koordinierung der einzelstaatlichen Wirtschaftspolitiken. Der Bericht des Delors-Komitees von 1989 unterstrich die enorme Bedeutung dieses Gleichgewichts, und die Richtigkeit dieser Diagnose, die sich auf die Erfolgsbedingungen einer optimalen Währungszone bezog, wurde von den Ereignissen leider bestätigt.

Hätte bereits seit 1999 eine Koordinierung der makroökonomischen Politiken existiert, so hätten die Berichte der Europäischen Kommission die finanziellen Stabilitätsrisiken aufgrund der beginnenden Immobilienblasen und der Exzesse der privaten Verschuldung unterstrichen. Doch dem war nicht so.

Am meisten überrascht hat mich die Reaktion mancher Mitgliedstaaten, die sagten: „Wir sind nicht verantwortlich für die Dummheiten der anderen“. Wozu war dann der „Euro-Rat“ nütze? Warum hat die Europäische Zentralbank, die allein auf das Preisziel fixiert war, nicht Alarm geschlagen? In Ermangelung entsprechender Reaktionen der europäischen Institutionen gilt seit 2006 die kollektive Verantwortung.

Die Notwendigkeit einer besseren globalen Governance ist im Übrigen anerkannt.

Der zweite Konstruktionsfehler ist die Verquickung zwischen den Mitgliedstaaten der Wirtschafts- und Währungsunion (seit 1. 1. 2011 sind es 17) und den 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Der gesunde Menschenverstand besagt, dass Länder mit derselben  Währung besondere, deutlich weiter gehende Rechte und Pflichten haben als Länder, die nur der Europäischen Union angehören.

Für die genannten beiden Konstruktionsmängel gilt es Abhilfe zu schaffen.

Sollte man diese Erfahrung deshalb verdammen und sich nach der nationalen Währung zurücksehnen?  Ich glaube dies nicht.

Angesichts der Flut von Kritik gegen den Euro ist vor allen folgenden Überlegungen zunächst auf die Bilanz der ersten zehn Jahre seit Einführung des Euro bis zum Ausbruch der Finanzkrise zu verweisen:

Die Ergebnisse können sich sehen lassen: jährlich 2,1% Wachstum, 2,2% mehr Investitionen pro Jahr (bester Wert seit 1990), 16 Millionen neu geschaffene Arbeitsplätze (d.h. +15%), eine gut kontrollierte Inflation, verringerte Kreditzinsen, ein Anteil des Handels innerhalb der Euro-Zone von einem Drittel des gesamten Handels (gegenüber einem Viertel vor 10 Jahren).

Natürlich war die Konvergenz nicht völlig zufriedenstellend. Das Zinsgefälle erreichte bis zu 3-4%, das Leistungsbilanzungleichgewicht gewisser Länder vergrößerte sich – im Falle von Spanien, Griechenland und Portugal auf ca. 10% des BIP.

Dies hatte mich 2008 zu folgender Feststellung veranlasst: „Der Euro schützt, aber er stimuliert nicht.“ Er hat selbst die Länder geschützt, „die Dummheiten machten“. Den Grund hierfür habe ich bereits genannt: es ist das Fehlen einer echten wirtschaftspolitischen Zusammenarbeit.

Hier in Berlin ist es nicht unnütz daran zu erinnern, dass der Euro auch ein deutsches Abenteuer ist. Schon zum Zeitpunkt der Gründung des Europäischen Währungssystems im Jahr 1979 verkörperten die führenden Vertreter Deutschlands eine Vision der europäischen Integration, die über kurzsichtige Interessen hinaus bemüht war, Kompromisse zu finden, welche Europa voranbrachten. Sie überzeugten die anderen Länder davon, dass Währungsstabilität eine wesentliche Bedingung für den Erfolg einer sozialen Marktwirtschaft darstellt.

Die geschilderte Politik erhielt ihre Bestätigung anlässlich der Währungskrise 1992, wo Arrangements gefunden wurden, um den Fortbestand des EWS bis zur Einführung der einheitlichen Währung zu sichern. Diese Fortschritte erfolgten immer unter Bezugnahme auf die D-Mark als Ankerwährung der europäischen Systeme. Der Beitrag der Bundesrepublik Deutschland zum Vorankommen der europäischen Integration war folglich enorm – womit im Gegenzug allerdings konkrete Vorteile für den Außenhandel und die Unternehmensniederlassungen in der Europäischen Union verbunden waren: Die Ausfuhren der Bundesrepublik in die EU-27 entsprechen einem Anteil von 63%, wovon 43% in die Länder der WWU gehen.

Die mit Sicherheit bestehende Verflechtung zwischen unseren Ländern birgt das Potenzial für positive Solidarität – was jedoch leider nicht richtig verstanden wird; daher die feindseligen, ja sogar verächtlichen Reaktionen, die seit Beginn der Krise zu beobachten waren.

Eigentlich haben die Europäer doch nur eine Pflicht, nämlich den Widerstand gegen die Spekulation und gegen die ewigen Feinde der einheitlichen Währung zu organisieren. Es wurde jedoch zu langsam und nicht stark genug reagiert. Gewiss ist die Situation schwierig, und die Gespräche müssen offen sein, aber nicht zu Lasten eines guten Krisenmanagements, das Reaktionsschnelle, Kohärenz und Effizienz verlangt.

Zu viele Gerüchte, zu viele Aussagen, mit denen die Öffentlichkeit im eigenen Land beruhigt werden sollte, haben die Skepsis über die Zukunft der einheitlichen Währung genährt. Heute ist zwar noch nichts gewonnen, aber in den jüngsten Absichten unserer Verantwortungsträger ist zum Glück nunmehr doch eine explizitere Solidarität zu erkennen.

Noch zu konkretisieren bleibt das Bemühen um eine entschlossenere und überzeugendere Governance. Wir hoffen, dass sie die glückliche Folge der vom Europäischen Rat beschlossenen Maßnahmen sein wird:

  • Ständiger Fortbestand und Stärkung des Fonds für gegenseitige Unterstützung
  • Einführung einer wirksamen Regulierung des Finanz- und Bankensystems
  • Erfolgreiche Umsetzung des sogenannten „europäischen Semesters“  für mehr Konvergenz in der makroökonomischen Politik der WWU-Staaten
  • Progressiver Erfolg – und damit auch Glaubwürdigkeit – der Anstrengungen zur Haushaltssanierung.

Seien wir pragmatisch. Beobachten wir die Entwicklungen und die Ergebnisse der kommenden Monate. Aber eins ist klar: wenn sich kein Fortschritt zeigt, müsste über einen institutionellen Sprung in der WWU nachgedacht werden, um eine gewisse Abstimmung der Politik und eine wirksamere Governance zu ermöglichen.

Es wäre verfrüht, jetzt schon ein Urteil über die aktuell laufenden Maßnahmen zu fällen. Doch ist bereits erkennbar, dass das Vereinbarmachen von mehr finanzieller Stabilität und mehr Wachstum ganz maßgeblich abhängig ist von dem durch originär europäische Maßnahmen erzielbaren Mehrwert – insbesondere durch Investitions- und Innovationsförderung, d.h. die Vorbereitung einer günstigeren Zukunft in puncto Beschäftigung, Wettbewerbsfähigkeit und Erhaltung des welfare state. In dieser Hinsicht besteht auf europäischer Ebene noch enormer Handlungsbedarf: das gilt für den Haushalt der Union ebenso wie für die Verteilung der öffentlichen Mittel zugunsten von Zukunftsmaßnahmen oder die Emission von Euroanleihen – nicht zur Beseitigung der Schulden, sondern zur Finanzierung wachstumsfördernder Strukturmaßnahmen. Genau das, was ich als Kommissionspräsident in dem Bericht „Wachstum, Wettbewerb und Beschäftigung“ 1993 vergeblich vorgeschlagen hatte.

Um voranzukommen, muss man Klartext reden und Missverständnisse ausräumen.

Sind unsere Mitbürger und unsere Verantwortungsträger sich wirklich im Klaren darüber, dass Europa angesichts des großen Wandels, den uns die Globalisierung und das Aufstreben der Schwellenländer auferlegen, schlichtweg nur die Wahl hat zwischen Überleben und Niedergang? Wie heißt es so schön: Einheit macht stark!

 

Das goldene Dreieck: Wettbewerb, Kooperation und Solidarität

So lautete die damals von mir vorgeschlagene Formel zur Illustration der Einheitlichen Europäischen Akte (1985-87), die es ermöglicht hat, gleichzeitig mit dem Binnenmarkt (Zieljahr 92) auch die wirtschaftliche und soziale Kohäsion und die Anerkennung des sozialen Dialogs zwischen der Arbeitgeberseite, den Gewerkschaften und den Gemeinschaftsinstitutionen zu verwirklichen.

Diese Faustformel muss weiterhin unser Kompass bleiben, um die Vorteile des Freihandels vereinbar zu machen mit den konkreten Zeichen der Zugehörigkeit zu einer Gesamtheit, die für sich beansprucht, mächtig, einflussreich und zugleich solidarisch zu sein.

Gegenüber diesem Ideal haben wir jedoch einen Rückschritt gemacht.

Und zwar an erster Stelle deshalb, weil die wirtschaftliche und soziale Kohäsionspolitik gerade bei den Ländern, die mehr zum europäischen Haushalt beitragen als sie daraus erhalten, auf wachsende Vorbehalte trifft. Die positiven Folgen für die eigene Volkswirtschaft in Form von Exporten und Direktinvestitionen werden von ihnen nicht mehr im richtigen Maßstab wahrgenommen. Darüber hinaus hat die gewollte Schwächung der Gemeinschaftsmethode zur Folge, dass sich die wirtschaftliche und soziale Kohäsion auf die Ausgabe von Schecks an bestimmte Länder beschränkte, ohne dass die Kooperation zwischen den Regionen Fortschritte macht. Die Philosophie der Einheitlichen Akte war ganz anders. Die Kooperation implizierte eine Abstimmung zwischen der Europäischen Kommission und den Regionen, eine Bilanz der jeweils durchgeführten Maßnahmen, eine europaweite Weitergabe und Nutzung erfolgreicher Erfahrungen im Bereich der Wirtschaftsförderung, die gezielte Entwicklung der ländlichen Gebiete sowie die Schaffung von „Bottom-up“-Aktivitäten.

Um es in einem Satz auf den Punkt zu bringen: Die Kooperation ist das fehlende Glied meiner Trilogie. Hinsichtlich der Politik der Fonds (Regional-, Sozial-, Agrarfonds) wurde dies soeben erläutert. In den Bereichen Energie und Umwelt wird es bedauert. Man sollte in diesem Zusammenhang die Kosten der Nicht-Kooperation ansprechen. Das ist der Grund, weshalb ich den Aufbau einer Europäischen Energiegemeinschaft vorgeschlagen habe, um die Märkte zu disziplinieren, die Kartellbildung auf nationaler Ebene zu verhindern und Nutzen zu ziehen aus gemeinsamen Reserven und Maßnahmen zur CO2-Reduzierung und zur Entwicklung der Neuen Energien. Ohne die Kooperation wird der Wettbewerb in den Augen mancher voller Risiken bleiben, Solidarität wird unter Verweis auf nationale Interessen abgelehnt werden. Die Kooperation wird das Gleichgewicht in der WWU wieder herstellen und deren künftige Erfolge sichern, und sie wird es der Europäischen Union ermöglichen, ihre Vorteile in den Bereichen Forschung, Energie und Umwelt zu maximieren.

*          *          *

Somit komme ich also abschließend wieder zu dem zentralen Gedanken der Kooperation zurück. Ein Gedanke, der für die WWU der 17 ebenso gilt wie für die EU der 27. Die Integration der europäischen Staaten erfolgt sicherlich über den Binnenmarkt, den freien Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr und die Annahme gemeinsamer Regeln hierfür. Doch das Ideal der Union lässt sich nicht verwirklichen ohne ein größeres Maß an Kooperation auf Ebene der makroökonomischen Politik, der Finanz- und Bankensysteme, der Unternehmen und der Gewerkschaften. Der Kooperationsgedanke rechtfertigt den bereits 1985 auf europäischer Ebene von mir lancierten sozialen Dialog, der allerdings seit einigen Jahren stagniert. Gerade unseren deutschen Freunden brauche ich wohl nicht zu vermelden, dass die soziale Marktwirtschaft ohne den sozialen Dialog und die Dynamik der Zivilgesellschaft nicht prosperieren kann.

Es geht um die Verdeutlichung der Gründe für unser Zusammen-Leben und Zusammen-Handeln wie auch darum, die gemeinsame Anstrengung von allen Akteuren der Gesellschaft – einschließlich der Zivilgesellschaft – schultern zu lassen. Auf diese Art und Weise werden auch die Bürgerinnen und Bürger mit einbezogen und die Demokratie vorangebracht.

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En français:

Résumé de l’intervention de Jacques Delors

Berlin 28 janvier 2011

« Wo steht Europa ? »

Seul le texte prononcé fait foi

Chacun reconnait que la crise de l’Euro est très grave et qu’elle nécessite que l’Union européenne agisse vite et efficacement comme pompier afin d’éteindre les divers feux qui sont allumés par les marchés et par la spéculation. Mais cette crise révèle aussi le besoin de remédier aux défauts de construction de l’Union économique et monétaire. En d’autres termes, nous avons besoin d’architectes pour aménager et renforcer la maison de l’Euro.

Cette exigence ne doit pas nous faire oublier les autres problèmes que pose la poursuite de la construction européenne, un an après l’entrée en vigueur du Traité de Lisbonne.

Mettre l’Union européenne en perspective, c’est prendre en compte les autres dimensions de notre avenir commun.

L’Union européenne en perspective

En premier lieu, il ne faut pas perdre de vue le traitement des demandes d’adhésion à l’Union. Je pense aux pays des Balkans (Croatie, Serbie, Monténégro, Macédoine…) et aussi au dossier explosif de la Turquie. Pour ce dernier, les données psychologiques et politiques ne doivent pas être perdues de vue quelle que soit la position de fond que l’on peut avoir. Chacun doit bien peser les conséquences de l’attitude de l’Union européenne sur l’ensemble des relations avec le monde musulman et sur les évolutions géopolitiques.

Il y a d’ailleurs un lien partiel entre les problèmes d’élargissement et la politique des relations extérieures que propose l’Union, en plus des classiques traités dites « de libre échange », à tous les pays qui sont à l’Est.  Comment les inscrire dans une réflexion sur notre politique européenne à l’égard de la Russie ? Peut-on ne pas traiter au niveau européen des questions liées à l’énergie dans notre rapport avec la Russie ?

Vaste chantier que celui de relations extérieures. J’aurais tendance à privilégier, dans le cadre de cette réflexion, la politique vis-à-vis des Etats Unis, les rapports avec les grands pays émergeants, l’Inde, la Chine et le Brésil, le devenir de l’Union pour la Méditerranée (UPM).

Du G8 au G20, les débats ne vont pas manquer sur la gouvernance mondiale. Espérons au moins donner un autre visage que celui offert à Copenhague au sommet de l’environnement : certains Chefs d’Etat et de gouvernement, plus occupés à faire parler d’eux-mêmes que de faire avancer ensemble les excellentes propositions adoptées par le Conseil européen. De l’adoption de nouvelles règles pour le commerce international (le processus de Doha) jusqu’à la surveillance financière et bancaire, il faut espérer des pas en avant grâce à une Union européenne déterminée et parlant d’une seule voix.

Enfin, comment ne pas terminer ce trop rapide tour d’horizon par le problème du « comment faire » au niveau de l’Union. Notre efficience et notre influence dépendent aussi de la manière dont sont préparées, puis adoptées les décisions. Un regard vers les expériences passées démontre que l’Europe a  été plus rapide et plus efficiente lorsqu’elle a mis en œuvre la méthode communautaire. Alors que la nostalgie pour la méthode intergouvernementale a souvent causé des crises internes ou ralenti le processus de décision.

Le débat n’est pas clos, d’autant qu’est mise en avant la méthode dite « de l’Union » que la Chancelière Merkel a défendue et illustrée lors d’un récent discours au Collège de Bruges. Le moment est donc venu pour moi de rappeler les fondements et les avantages de la méthode communautaire.

 

L’Euro au cœur des contradictions européennes

Comme je l’ai souligné avec force depuis 1997, l’Union économique et monétaire a deux vices de construction. D’une part, le déséquilibre entre l’économique et le monétaire, à cause de l’absence d’une coordination des politiques économiques nationales. Le rapport du Comité Delors de 1989 soulignait le caractère vital de cet équilibre, les événements ont hélas confirmé la justesse de ce diagnostic qui se référait aux conditions de réussite d’une zone monétaire optimale.

Si, par hypothèse, la coordination des politiques macro-économiques avaient existé depuis 1999, les rapports de la Commission européenne auraient souligné les risques portant sur la stabilité financière, en raison des bulles immobilières naissantes et des excès de l’endettement privé. Mais, il n’en a rien été.

Ce qui m’a surpris le plus c’est la réaction de certains pays membres disant « Nous ne sommes pas responsables des bêtises des autres ». Alors, à quoi a servi le Conseil de l’Euro ? Pourquoi la Banque centrale européenne, uniquement braquée sur l’objectif des prix, n’a-t-elle pas sonné l’alarme ? Par conséquent, en l’absence de réactions des institutions européennes, depuis 2006, la responsabilité collective est engagée.

La nécessite d’une meilleure gouvernance globale est d’ailleurs admise.

Le deuxième défaut s’est révélé par la confusion entretenue entre les membres de l’Union européenne et monétaire (ils sont dix-sept depuis le 1er janvier dernier) et les vingt-sept membres de l’Union européenne. Le bons sens explique que lorsque certains pays ont en commun la même monnaie, ils ont des droits et des devoirs particuliers bien plus importants que ceux qui n’appartiennent qu’à l’Union européenne.

Il s’agit de remédier à ces deux défauts.

Faut-il, pour autant, condamner cette expérience et exprimer la nostalgie de la monnaie nationale ? Je ne le crois pas.

Mais auparavant, et face au déluge de critiques contre l’Euro, il convient de rappeler le bilan des dix premières années de l’Euro, avant le déclenchement de la crise financière :

Les résultats sont positifs, un taux de croissance de 2,1% par an, un progrès d’investissement à 2,2 % par an (meilleur chiffre depuis 1990), 16 millions d’emplois créés, soit plus 15%, une inflation maitrisée, une baisse du coût de l’argent, les échanges à l’intérieur de la zone représentent un tiers du commerce total, contre un quart il y a 10 ans.

Bien entendu, la convergence n’était pas totalement satisfaisante. L’écart entre les taux d’intérêt allait jusqu’à 3 à 4%, les déséquilibres des balances des paiements de certains pays s’étaient accrus, environ 10% du PIB pour l’Espagne, la Grèce et le Portugal.

Ce qui  m’avait conduit en 2008 à ce constat : « L’Euro protège me ne stimule pas. » Il protégeait même les pays « qui faisaient des bêtises ». La raison, je l’ai déjà indiquée, l’absence d’une coopération réelle en matière économique.

En effet, il n’est pas inutile de rappeler ici, à Berlin, que l’Euro est aussi une aventure allemande. Dès la création du système monétaire européen en 1979, les dirigeants allemands ont incarné une vision de la construction européenne qui dépassait les intérêts à courte vue pour trouver des compromis qui ont fait avancer l’Europe. Ils ont convaincu les autres pays que la stabilité monétaire est une condition essentielle pour la réussite d’une économie sociale de marché.

Cette politique a été confirmée lors de la crise monétaire de 1992 où des arrangements ont été trouvés pour faire vivre le SME jusqu’à la création de la monnaie unique. Mais ces avancées n’ont été obtenues que par référence au Deutsche Mark qui a été l’ancre des systèmes européens. D’où une énorme contribution de la RFA à la progression de l’intégration européenne. Mais avec des contreparties concrètes pour le commerce extérieur et pour les implantations des entreprises dans l’Union européenne : les ventes de la RFA vers l’Union à 27 représentent 63% de ses exportations, dont 43% vers les pays de l’UEM.

Ainsi, l’interdépendance assurée entre nos pays est porteuse de solidarités positives. Ce qui n’est, hélas, pas bien compris, d’où les réactions hostiles, voire méprisantes, observées depuis le début de la crise.

Et pourtant, les Européens n’ont qu’un devoir : organiser la résistance à la spéculation et aux adversaires éternels de la monnaie unique. Or, les réactions ont été trop lentes et insuffisamment fortes. Certes, la situation est difficile, les discussions doivent être ouvertes, mais pas aux dépens d’une bonne gestion de la crise qui implique rapidité de la réaction, cohérence et efficacité.

Trop de rumeurs, trop de propos destinés à rassurer l’opinion publique nationale ont alimenté le scepticisme sur l’avenir de la monnaie unique. Rien n’est encore gagné, mais fort heureusement une solidarité plus explicite apparait dans les intentions récentes de nos responsables.

Il reste à concrétiser cette volonté d’une gouvernance plus ferme et plus convaincante. Nous espérons qu’elle sera l’heureuse conséquence de plusieurs actions décidées par la Conseil européen :

  • La permanence et le renforcement du fonds d’assistance mutuelle ;
    • La mise en œuvre d’une règlementation efficace du système financier et bancaire ;
    • Le succès de l’opération dit « du semestre européen » pour plus de convergence dans les politiques macro-économiques des pays membres de l’UEM ;
    • La réussite progressive, donc la crédibilité, des efforts d’assainissement budgétaire.

Soyons pragmatiques. Observons les évolutions et les résultats des mois à venir. Mais il est évident que si aucun progrès n’était réalisé, il faudrait réfléchir à un saut institutionnel dans l’UEM afin de  permettre une certaine mutualisation des politiques et une gouvernance plus efficace.

Il serait prématuré de porter un jugement sur les actions en cours. Mais il apparait déjà que la conciliation entre plus de stabilité financière et plus de croissance passe par la valeur ajoutée qui pourrait apporter l’action proprement européenne, notamment grâce au soutien de l’investissement et de l’innovation, c’est-à-dire la préparation d’un futur plus favorable à l’emploi, à la compétitivité et à la sauvegarde du welfare state.  De ce point de vue, tout reste à faire au niveau européen : qu’il s’agisse du budget de l’Union, de la répartition des fonds publics en faveur des actions d’avenir, de l’émission d’euro-obligations, non pour effacer les dettes mais pour financer les actions structurelles, les moteurs de la croissance. Ce que j’avais proposé en vain, dès 1993, en tant que Président de la Commission, dans le rapport intitulé : « Croissance, compétition et emploi ».

Pour progresser, il faut parler clairement et dissiper les malentendus.

Nos concitoyens et nos responsables sont-ils bien convaincus que face à la grande mutation que nous imposent la mondialisation et la poussée des pays émergeants, le choix pour l’Europe est entre la survie et le déclin ? Comme on dit tout simplement : l’union fait la force.

Autour du triangle d’or : compétition, coopération et solidarité

C’était la formule que j’avais proposée pour illustrer traité de l’Acte Unique (1985-87) qui a permis de réaliser, à la fois, le marché unique (l’objectif 92), la cohésion économique et sociale et la reconnaissance du dialogue social entre le patronal, les syndicats et les institutions communautaires.

Cette formule doit demeurer notre boussole pour concilier les avantages du libre échange avec les signes concrets de l’appartenance à un ensemble qui se veut à la fois puissant, influent et solidaire.

Or, nous avons reculé par rapport à cet idéal.

Tout d’abord, parce que la politique de cohésion économique et sociale rencontre de plus en plus de réticences chez les pays qui contribuent plus au budget européen qu’ils n’en reçoivent. Ils n’évaluent plus, à leur juste mesure, les retombées positives pour leur propre économie nationale, sous forme d’exportations et d’investissements directs. Au surplus, l’affaiblissement voulu de la méthode communautaire fait que la cohésion économique et sociales se résume à des chèques donnés à certains pays, sans que progresse la coopération entre régions. La philosophie de l’Acte Unique était très différente. La coopération impliquait une concertation entre la Commission européenne et les régions, un bilan des actions menées, une diffusion à toute l’Europe des expériences réussies en matière de décollage des territoires, le développement des régions rurales, la création d’activités « bottom up ».

Pour le dire en une phrase, la coopération est le chainon manquant de ma trilogie. On vient de le constater, pour les politiques des Fonds (régional, social, agricole). On le déplore dans les domaines de l’énergie et de l’environnement. Il faudrait parler des coûts de la non-coopération. C’est la raison pour laquelle j’ai proposé la création d’une Communauté européenne de l’énergie pour discipliner les marchés et empêcher la cartellisation au niveau national, tirer le bénéfice de réserves communes et d’actions en faveur de la diminution des CO2 et du développement des énergies nouvelles. Sans la coopération, la compétition demeurera pleine de risques aux yeux de certains, la solidarité sera refusée au nom des intérêts nationaux. La coopération rétablira l’équilibre au sein de l’UEM et assurera ses succès futurs. La coopération permettra à l’Union européenne de maximiser ses avantages dans les domaines de la recherche, de l’énergie et de l’environnement.

*          *          *

J’en reviens donc, pour terminer, à cette idée centrale de la coopération. Elle vaut tout autant pour l’UEM à 17 que pour l’UE à 27. L’intégration des pays européens se réalise certes par le marché unique, la libre circulation des personnes, des biens, de services et des capitaux et l’adoption, à cet effet, de règles communes. Mais l’idéal de l’Union ne peut se réaliser sans davantage de coopération entres les politiques macro-économiques, entre les systèmes financiers et bancaires, entre les entreprises et les syndicats. Elle justifie le dialogue social que j’ai lancé au niveau européen dès 1985, mais qui stagne ces dernières années. Or, ce n’est pas aux amis allemands que je dois rapporter que l’économie sociale de marché ne peut prospérer sans le dialogue social et le dynamisme de la société civile.

Il s’agit à la fois d’illustrer nos raisons de vivre et d’agir ensemble, de faire reposer l’effort commun sur tous les acteurs de la société. Y compris la société civile. C’est aussi la manière d’associer les citoyens et de faire progresser la démocratie.

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