Sven Giegold

Gipfel der gebrochenen Versprechen

Am 19. und 20. Dezember treffen sich die europäischen Staat-und Regierungschefs zum Europäischen Rat. Ursprünglich war geplant nach mehrmaligem Verschieben und der überstandenen Bundestagswahl die Diskussion um die Zukunft der Eurozone in den Mittelpunkt zu stellen und dadurch Schwung in die Debatte zu bringen. Außerdem hatten die Staats- und Regierungschefs in ihrer Gipfelerklärung vom Mai dieses Jahres zugesagt, bis zum jetzigen Treffen ihren Fortschritt im den Kampf gegen Steuerhinterziehung, Steuervermeidung und aggressiver Steuerplanung zu präsentieren.

Zum bevorstehenden Gipfel erklärt Sven Giegold, wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament:

„Dieses Treffen des Europäischen Rats ist ein Gipfel der gebrochenen Versprechen. Die fehlende Einigung der Finanzminister bei der Bankenunion verleitet die Staats- und Regierungschefs dazu, sich nicht mehr an ihre Ankündigung zu halten. Die geplante Diskussion über die Zukunft der Eurozone wurde weitesgehend von der Tagesordnung genommen.

Entgegen ihrer vollmundigen Ankündigungen im Mai, werfen die Staats- und Regierungschefs einen sehr engen Blick auf die Zukunft der Eurozone. Neben dem üblichen Lippenbekenntnis zu der Bedeutung der EU-2020-Ziele haben sie nur das fragwürdige Konzept der Verpflichtungen von Mitgliedsstaaten zu Wirtschaftsreformen mit möglichen Unterstützungszahlungen (?Instrument zur Konvergenz und Wettbewerbsfähigkeit (CCI)?) im Blick. Die von den vier damaligen Präsidenten Van Rompuy, Barroso, Draghi und Juncker eingebrachten Vorschläge zur Weiterentwicklung der Eurozone werden inhaltlich nur gestreift. Die von den Vier und der EU-Kommission betonte Stärkung der Demokratie sowie der sozialen Dimension in der Eurozone sind Staats- und Regierungschefs nur Randnotizen wert. Zum Kommissionsvorschlag einer gemeinsamen Vertretung der Eurozone nach außen schweigen die Staats- und Regierungschefs bisher komplett. Einen Vorschlag zur Ex-Ante-Koordinierung der Wirtschaftspolitik wird die EU-Kommission nicht einmal vorlegen.

Auch der angekündigte Fortschrittsbericht im Kampf gegen Steuerhinterziehung, Steuervermeidung und aggressiver Steuerplanung wird sehr kurz ausfallen. Die EU-Partner lassen sich trotz einer Großoffensive der USA gegen Steuerhinterziehung und -vermeidung weiter von Luxemburg und Österreich an der Nase herum führen. Mit fadenscheinigen Argumenten blockieren sie die Weiterentwicklung des automatischen Informationsaustausches in Europa. Aber auch die Niederlande und Irland stemmen sich gegen die längst überfälligen Revisionen von zentralen Richtlinien im Steuerbereich (Zinsrichtlinie, Zins- und Lizenzgebührenrichtlinie, Mutter-Tochter Richtlinie etc.). Ohne die Anpassungen des europäischen Rechts an die internationalen Entwicklungen fällt Europa im Kampf gegen Steuerhinterziehung und Steuervermeidung zurück. Dass die Bundesregierung sich inzwischen mehr von den undurchsichtigen Prozessen in der OECD verspricht, spricht Bände über ihr Engagement für Steuergerechtigkeit in Brüssel.“

Die von uns eingereichten Fragen zur notwendigen Schritten in der Steuerpolitik an den litauischen Finanzminister finden Sie hier.

 

Rubrik: Wirtschaft & Währung

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