Nach drei Stunden kritischer Befragung ließ Lord Hill das Europaparlament ratlos zurück. Er bleib Antworten schuldig, schlug keine eigenen Ideen vor und flüchtete sich immer wieder in Allgemeinplätze. Was Junckers Projekt einer Europäischen Kapitalmarktunion in seiner Verantwortung sein soll, konnte er nicht überzeugend erklären.
Auf meine Frage bei der heutigen Anhörung für welche Finanzdienstleister Lord Hill mit seiner PR-Firma Quiller Consultants zwischen 1998 und 2010 lobbyiert hätte, antworte er nicht. Neben mangelnder Transparenz legte er dann auch noch fehlendes Engagement für Europa an den Tag: Auf meine Frage, was er seit 1995 für eine Verbesserung der Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien getan hätte, fehlte ihm ebenso eine Antwort. Es ist nur schwer vorstellbar, dass Hill einen Sinneswandel vollzogen hat und künftig für das europäische Gemeinwohl streiten wird. Europäisch unengagiert, intransparent und ohne Distanz von der Finanzindustrie – Lord Hill erfüllt nicht annähernd die Grundanforderungen für die Position des EU-Kommissars für Finanzstabilität. Für mich ist klar: Zusätzlich zu den 1700 Lobbyisten, die schon heute in Brüssel für die Banken der City of London und Europas tätig sind, hätten sie mit Lord Hill einen weiteren Verbündeten in Form eines EU-Kommissars. Ohne starke eigene Überzeugungen wäre er der Finanzlobby ausgeliefert. Mit der Ernennung von Lord Hill als EU-Kommissar für Finanzstabilität und Finanzdienstleistungen stellt man einen Elefanten in den Porzellanladen.
Bei aller Kritik: Lord Hills klare Reaktion auf die Anti-Europäer im Ausschuss hat mir gut gefallen. Auch seine Unterstützung für Finance Watch als Gegengewicht zur Finanzindustrie ist ein gutes Zeichen. An sein Bekenntnis für günstige und sichere Finanzprodukte für VerbraucherInnen ließe sich anknüpfen. Außerdem erklärte Lord Hill, er wolle für eine ausgewogene Balance bei der anstehenden Umsetzung der Finanzmarktregulierung sorgen, insbesondere für kleinere Banken die geringe Risiken eingehen.
Es bleibt trotzdem ein verheerendes Gesamtbild. Lord Hill will europäische Finanzmarktstandards durch gegenseitige Anerkennung von Regeln anderer Länder der politischen Abwärtsspirale Preis geben will. Auch Entschlossenheit bei der Regulierung von Schattenbanken und Geldmarktfonds ließ er schmerzlich vermissen. Schattenbanken sah er groteskerweise nicht als Bedrohung fairen Wettbewerbs zwischen Banken und anderen Finanzakteuren, sondern als Chance für leichtern Kapitalfluss.
Als es um das “Too-Big-Too-Fail”-Thema ging präsentierte Lord Hill alten Wein in alten Schläuchen: Bei seiner Vorbereitung hat er offenbar neuen Lösungsansätzen für dieses zentrale Problem zu wenig Zeit gewidmet. Zu Eurobonds sagte er in schlichter Ehrlichkeit: Er habe keine besonders informierte Meinung dazu.
Wir Grünen werden eine Abstimmung über seine Eignung im Ausschuss für Wirtschaft und Währung beantragen.