Sven Giegold

Ab heute online: Europaparlament setzt neuen Standard für Lobbytransparenz

Screenshot des neuen IT-tools, um Lobbytreffen der Abgeordneten zu veröffentlichen

Seit heute Nachmittag gibt das Europaparlament Abgeordneten die Möglichkeit, ihre Lobbytreffen auf der Homepage des Parlaments zu veröffentlichen. Abgeordnete, die EU-Gesetze als Berichterstatter oder Schattenberichterstatter mitschreiben, sind dazu verpflichtet, ihre Lobbytreffen den Bürgern gegenüber transparent zu machen. Die im Europaparlament am 31. Januar knapp und umkämpft beschlossenen Regeln treten damit zum Beginn des neuen Mandats in Kraft. Die europäischen Regeln gehen auf den Initiativbericht von MdEP Sven Giegold (Grüne) über „Transparenz, Rechenschaftspflicht und Integrität in den EU-Institutionen“ zurück. Transparency International hatte diese Regeln auf EU-Ebene aktiv unterstützt. Der damalige Transparency-Kampagnenleiter Daniel Freund ist jetzt neuer Grüner Europaabgeordneter und übernimmt in Zukunft die Arbeit für Lobbytransparenz in der Europagruppe von Bündnis 90/Die Grünen.

 

Dazu erklärt Sven Giegold, Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Europäischen Parlament:

“Das Europaparlament macht ab heute garantierte Transparenz, welche Lobbyisten welches Gesetz beeinflussen, zum neuen europäischen Standard für Lobbytransparenz. Während der Rat der Mitgliedstaaten im Hinterzimmer intransparent eine neue Kommissionspräsidentin aus dem Hut zieht, gewinnt das Europaparlament mit mehr Transparenz Vertrauen als Bürgerkammer. Die heute in Kraft getretene neue Transparenzregel des Europaparlaments ist ein großer Fortschritt für die Europäische Demokratie. Das Europaparlament wird damit zum lobbytransparentesten Parlament in Europa.

Die Bürger bekommen in Zukunft Klarheit über den Lobbyeinfluss auf Gesetze. Durch den legislativen Fußabdruck erfahren die Bürger schon bei der Entstehung eines Gesetzes, welche Lobbyisten darauf Einfluss nehmen. Das bedeutet praktisch Transparenz in Echtzeit. Der Einfluss mächtiger Interessen auf EU-Gesetze lässt sich in Zukunft besser einhegen. Das bisher freiwillige Transparenzregister erlaubt nur einen groben Überblick über die rund 12.000 Lobby-Organisationen in Brüssel. Der verpflichtende Legislative Fußabdruck des Parlaments erlaubt zusammen mit den verpflichtenden Lobbyregeln für die EU-Kommission ein höheres Maß an Transparenz in der EU-Gesetzgebung. Vier Jahre lang habe wir Grüne auf diesen Erfolg hingearbeitet. Aber auch der Druck tausender Bürgern und vieler NGOs trägt jetzt Früchte. Ich freue mich diesen Erfolg mit meinem Mitarbeiter Christian Beck an seinem letzten Arbeitstag für mich zu feiern. Ab morgen arbeitet er für den neuen grünen Europaabgeordneten Daniel Freund, der die weitere Arbeit für Lobbytransparenz für uns Bündnisgrüne übernimmt.

Das Inkrafttreten garantierter konkreter Lobbytransparenz im Europaparlament ist ein Weckruf für den Bundestag und andere nationale Parlamente. Die Bundesregierung und der Bundestag sind deutlich intransparenter beim Lobbyismus als die EU-Institutionen. Aus gutem Grund empfehlen inzwischen Industrie und Transparenz-NGOs gemeinsam das bewährte EU-Transparenzregister für Lobbyisten als Vorlage für ein neues deutsches Lobbyregister. Es ist bezeichnend, dass inzwischen die Lobbyisten selbst die Transparenz fordern, auf die sich die Große Koalition aus Union und SPD bis heute nicht einigen konnte. Deutsche Lobbytransparenz sollte nicht schlechter sein als der europäische Standard. Ein deutsches Gesetz für Lobbytransparenz muss dafür sorgen, dass Lobbyisten ihre Ziele und Finanzen offenlegen und es muss für Bürger transparent werden, wer welches Gesetz beeinflusst. Ein deutsches Lobbyregister ohne Pflicht für Regierung und Bundestagsabgeordnete, ihre Lobbytreffen zu veröffentlichen, wäre nur ein verbessertes Verbänderegister und eine entscheidende Schwäche im internationalen Vergleich. Wie auch in Frankreich, Irland, den USA und Kanada verdienen die deutschen Wähler garantierte Transparenz, wen ihre Volksvertreter treffen.“

 

NEUER VERTEILER

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