Sven Giegold

Angekündigte Bankrotterklärung der EU-Kommission beim Kampf gegen Steuerdumping in der EU

Die EU-Wettbewerbsaufsicht hat vor einer Anhörung der Koordinatoren im Sonderausschuss gegen Steuervermeidung eingeräumt, Steuerdumping nicht konsequent verfolgen zu können, weil schlicht das Personal fehlt. Sie konzentriert sich auf exemplarische Fälle von einigen Großunternehmen. Hunderte von Großunternehmen, die mit Hilfe von maßgeschneiderten Steuerdeals (“tax rulings”) Milliarden an Steuern eingespart haben, lässt die EU-Kommission damit ungeschoren davonkommen. Dies gab ein leitender Kommissionsbeamter der Generaldirektion Wettbewerb am Montagabend gegenüber den Koordinatoren des Sonderausschusses gegen Steuervermeidung zu.

Das Eingeständnis der EU-Kommission kommentiert Sven Giegold, finanz- und wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament:

 

„Es ist ein Armutszeugnis, dass die Kommission mangels Personal nur einige wenige Fälle von Steuerdumping verfolgen will. Gleichheit vor dem Gesetz sieht anders aus. Hunderte Unternehmen können so ungestraft die Finanzämter in den europäischen Mitgliedstaaten austricksen. Die Rechnung bezahlt am Ende der europäische Steuerzahler. Es ist eine inakzeptable Ungleichbehandlung, dass nur wenige Unternehmen die für illegal befundenen Beihilfen zurückzahlen sollen. Die EU-Kommission muss hier für Gleichheit vor dem Gesetz sorgen. Das ist ein Lackmustest für Kommissarin Vestager und EU-Kommissionspräsident Juncker.

Die Wettbewerbskommissarin Margarete Vestager hat mit ihren Urteilen zu Fiat, Starbucks und Amazon gezeigt, dass das europäische Wettbewerbsrecht ein wirksames Instrument im Kampf gegen Steuerdumping ist. Die Kommission darf es aber nicht mit der Verurteilung einzelner Unternehmen bewenden lassen. Sie muss von Mitgliedsländern, die durch Steuervorbescheide (“tax rulings”) bestimmten Unternehmen unrechtmäßige Vorteile verschafft haben, die Herausgabe vergleichbarer tax rulings einfordern und diese systematisch untersuchen und illegale Beihilfen konsequent und umfassend zurückfordern. Beim zwischenstaatlichen Informationsaustausch von Steuerdaten von Privatpersonen ist das gelebte Praxis. Die EU-Kommission darf nicht dahinter zurückstehen.

Die Kommission ist gefordert, umgehend mehr Personal in der Wettbewerbsaufsicht einzustellen. Es ist bekannt, dass jeder Finanzbeamte ein Vielfaches seines Gehalts durch Steuereintreibung wieder reinholt. Das gilt hier erst recht für die Generaldirektion Wettbewerb.

(1) Weiterhin schwierig ist der Zugang zu den entscheidenden Dokumenten aus Ratssitzungen. Gemeinsam mit Fabio De Masi (GUE/NGL) haben wir Grünen einen Brief geschrieben, in dem wir Transparenz und Dokumentenzugang Punkt für Punkt anmahnen. Den Brief im Wortlaut finden Sie hier: http://gruenlink.de/143m

Rubrik: Wirtschaft & Währung

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