Als nach der Pleite der US-Bank Lehman Brothers die globale Finanzwelt am Abgrund stand, mussten auch deutsche Banken durch Steuergelder gerettet werden. Bislang haben die Rettungen von Hypo Real Estate, WestLB, Commerzbank und IKB den Bund nach Schätzungen des deutschen Bundesfinanzministers Olaf Scholz rund 30 Milliarden Euro gekostet. Ähnlich viel Geld mussten die Bundesländer beisteuern für die Kapitalzufuhren der Landesbanken BayernLB, HSH Nordbank und Landesbank Baden-Württemberg.
Mehr als zehn Jahre später steht wieder die Rettung einer deutschen Bank mit Steuergeldern im Raum: Wegen misslungener Schiffsfinanzierungen benötigt die öffentlich-rechtlichen NordLB bis zu 3,7 Milliarden Euro frisches Kapital. Nach der Ablehnung des einzigen Angebots privater Investoren verhandelt der Aufsichtsrat der Bank nun mit den Bundesländern Niedersachsen, Sachsen-Anhalt sowie mit dem Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV) über eine tragfähige Lösung.
Bislang hat die Bundesrepublik Deutschland lediglich informelle Gespräche mit der EU-Kommission über die Vereinbarkeit der staatlichen Rekapitalisierung mit den europäischen Regeln zur Bankenrettung geführt. Eine Notifizierung der geplanten staatlichen Rekapitalisierung bei der EU-Kommission durch die Bundesrepublik steht bislang aus.
Dazu sagt der Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Europäischen Parlament, Sven Giegold:
“Die NordLB braucht ein ordentliches Prüfverfahren mit einer objektiven Entscheidung der EU-Kommission, ob es sich bei der Rekapitalisierung der öffentlich-rechtlichen Bank um schädliche Staatsbeihilfe handelt oder nicht. Ich appelliere an Olaf Scholz, die geplante Rekapitalisierung baldmöglichst freiwillig gegenüber der EU-Kommission zu notifizieren und somit jeden Verdacht nationaler Umgehungsversuche europäischer Regeln auszuräumen.
Bei der Rekapitalisierung der im Staatseigentum befindlichen Caixa Geral de Depósitos (CGD) entschied sich Portugal seinerzeit, die geplante Unterstützungsmaßnahme gegenüber der EU-Kommission freiwillig zu notifizieren. Und das obwohl das Land selbst die Rechtsauffassung vertrat, dass die Unterstützungsmaßnahme nicht notifizierungspflichtig sei. Es ist europapolitisch nicht fair und auch nicht vermittelbar, dass das wohlhabende Deutschland sich hier anders verhält als das vergleichsweise arme Portugal. Zurecht hat sich die Bundesregierung immer wieder gegen neue Staatshilfen für Banken etwa in Italien ausgesprochen. Jetzt muss jeder Eindruck vermieden werden, man messe mit zweierlei Maß.”
Mein Brief an Bundesfinanzminister Olaf Scholz zur Notifizierung der geplanten Rekapitalisierung der NordLB steht hier zum Download bereit: https://sven-giegold.de/wp-content/uploads/2019/02/2019-02-21_Brief-an-Olaf-Scholz.pdf
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Hintergrund
Anders als andere Fälle von staatlichen Unterstützungen bei Bankenrettungen und -umstrukturierungen handelt es sich bei der NordLB um eine Bank im direkten und indirekten öffentlichen Eigentum. In jüngerer Zeit gab es einen ähnlichen Fall bei der portugiesischen Bank Caixa Geral de Depósitos (CGD). Bei der Rekapitalisierung der im Staatseigentum befindlichen Caixa Geral de Depósitos (CGD) entschied sich Portugal seinerzeit, die geplante Unterstützungsmaßnahme gegenüber der EU-Kommission freiwillig zu notifizieren. Im anschließenden Prüfverfahren kam die Kommission am 10. März 2017 zu dem Schluss, dass Portugals Pläne zum Ausbau der Eigenkapitalposition der CGD um 3,9 Mrd. Euro den EU-Beihilfevorschriften entsprachen. Die Maßnahmen wären zu marktüblichen Bedingungen durchgeführt worden und wären folglich keine unerlaubten staatlichen Beihilfen zugunsten der Bank.
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Sehr geehrter Herr Bundesfinanzminister Scholz,
wegen misslungener Schiffsfinanzierungen benötigt die NordLB bis zu 3,7 Milliarden Euro frisches Kapital. Auch wenn es der Landesbank zuletzt gelang, einen Teil der faulen Kredite zu verkaufen, besteht die Krise weiterhin. Das Angebot zweier privater Investoren Cerberus und Centerbridge wurde zurückgestellt. Weitere Angebote waren anscheinend nicht eingegangen. Stattdessen verhandelt der Aufsichtsrat der Bank nun mit den Bundesländern Niedersachsen, Sachsen-Anhalt sowie mit dem Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV) über eine tragfähige Lösung. 1,2 Milliarden Euro wollen die Sparkassen zur Verfügung stellen. Das Land Niedersachsen wolle der Bank mit bis zu 1,5 Milliarden Euro unter die Arme greifen, weitere 200 Millionen Euro sollen aus Sachsen-Anhalt kommen. Bislang hat die Bundesrepublik Deutschland lediglich informelle Gespräche mit der EU-Kommission über die Vereinbarkeit der staatlichen Rekapitalisierung mit den europäischen Regeln zur Bankenrettung geführt. Eine Notifizierung der geplanten staatlichen Rekapitalisierung bei der EU-Kommission durch die Bundesrepublik steht bislang aus.
Anders als andere Fälle von staatlichen Unterstützungen bei Bankenrettungen und -umstrukturierungen handelt es sich bei der Nord LB um eine Bank im direkten und indirekten öffentlichen Eigentum. In jüngerer Zeit gab es einen ähnlichen Fall bei der portugiesischen Bank Caixa Geral de Depósitos (CGD). Bei deren Rekapitalisierung entschied sich Portugal seinerzeit, die geplante Unterstützungsmaßnahme gegenüber der EU-Kommission freiwillig zu notifizieren, obwohl das Land selbst die Rechtsauffassung vertrat, dass die Unterstützungsmaßnahme nicht notifizierungspflichtig sei. Im anschließenden Prüfverfahren kam die Kommission am 10. März 2017 zu dem Schluss, dass Portugals Pläne zum Ausbau der Eigenkapitalposition der staatlichen Bank Caixa Geral de Depósitos (CGD) um 3,9 Mrd. Euro den EU-Beihilfevorschriften entsprachen. Die Maßnahmen wären zu marktüblichen Bedingungen durchgeführt worden und wären folglich keine unerlaubten staatlichen Beihilfen zugunsten der Bank.
Auch die NordLB braucht ein ordentliches Prüfverfahren mit einer objektiven Entscheidung der EU-Kommission, ob es sich bei der Rekapitalisierung der öffentlich-rechtlichen NordLB um Staatsbeihilfe handelt oder nicht. Es ist europapolitisch nicht fair und auch nicht vermittelbar, dass das wohlhabende Deutschland sich hier anders verhält als das vergleichsweise arme Portugal. Zudem deuten fehlende private Angebote mit einem positiven Nettogebot zumindest daraufhin, dass die Rekapitalisierung nicht zu Marktkondititionen erfolgt. Daher bitte ich Sie, die geplante Rekapitalisierung baldmöglichst freiwillig gegenüber der EU-Kommission zu notifizieren und somit jeden Verdacht nationaler Umgehungsversuche europäischer Regeln zu umgehen.
Über eine positive Antwort würde ich mich sehr freuen.
Hochachtungsvoll,
Sven Giegold