Heute stellt die NGO Lobbycontrol ihren Bericht „Lobbyismus in der EU: Eine Bilanz
Was Europa gegen die Macht der Konzerne tun müsste“. Lobbycontrol zeigt: Lobbyismus wurde in der EU in den letzten 5 Jahren transparenter, die Regeln gegen Interessenkonflikte härter. EU-Kommissare treffen nur registrierte Lobbyisten und listen die Treffen öffentlich auf. Europaabgeordnete, die an EU-Gesetzen mitschreiben, müssen dank unserer erfolgreicher Kampagne ab nächster Legislatur ihre Lobbytreffen veröffentlichen. Die meisten Vertretungen der nationalen Regierungen im Rat der Mitgliedstaaten verweigern bisher aber verbindliche Lobbyregeln. Nur die finnische Vertretung listet Treffen öffentlich auf.
Dazu sagt der Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Europäischen Parlament, Sven Giegold:
“Brüssel hat ein Lobbyismusproblem, aber mittlerweile auch starke Transparenzregeln. Trotz aller Vorurteile haben EU-Kommission und EU-Parlament die höchste Lobbytransparenz in Europa. Die Bundesregierung und der Bundestag sind deutlich intransparenter beim Lobbyismus als die EU-Institutionen. Handlungsbedarf gibt es vor allem in Berlin. In Brüssel haben mittlerweile weniger die EU-Institutionen ein Problem mit der Lobbytransparenz als vielmehr die Vertretungen der nationalen Regierungen. Die nationalen Regierungen treten nicht selten als Cheflobbyisten von Wirtschaftsinteressen auf. Die Vertretungen der nationalen Regierungen in Brüssel sind in fast allen Fällen ohne Lobbytransparenz. Einseitiger und überbordender Lobbyismus ist eine regelrechte Geißel der europäischen Einigung, denn viele Menschen misstrauen den Entscheidungen aus Brüssel. Aber das Transparenzproblem liegt heute eher bei den Mitgliedsstaaten als den EU-Institutionen.
Die Bundesregierung könnte jederzeit Listen der Lobbytreffen in ihrer Brüsseler Vertretung auf Anfrage herausgeben wie die Niederländer oder sie gleich veröffentlichen wie die Finnen. Stattdessen verweigern die deutsche Große Koalition und die meisten nationalen Regierungen jegliche verbindliche Regeln für Lobbytransparenz in Europa. Die großkoalitionäre Blockade der Transparenz in Brüssel schwächt das Gemeinwohl. Die Skandale beim Diesel und bei Glyphosat sind Folgen schwacher Institutionen. Intransparenz und Interessenkonflikte haben es finanzstarken Interessen leicht gemacht, ihr kurzfristiges Profitinteresse zum Schaden von Umwelt und Verbrauchern durchzusetzen. Verbindliche Lobbytransparenz und starke Regeln gegen Interessenkonflikte schützen Gesundheit und Natur.
Persönlich freue ich mich über die Anerkennung von Lobbycontrol für meine Arbeit zur Lobbytransparenz. Denn umgekehrt habe ich mir im Europaparlament damit einige Feinde gemacht.”
HINTERGRUND: Der Bericht von Lobbycontrol: https://www.lobbycontrol.de/wp-content/uploads/EU-Lobbyreport2019.pdf
Hinweis: Dieser Blogbeitrag wurde innerhalb der letzten 6 Wochen vor der Europawahl 2019 veröffentlicht. In diesem Zeitraum wurde die Homepage und die zugrunde liegende IT-Infrastruktur aus Wahlkampfmitteln und nicht aus dem Parlamentsbudget finanziert.