Sven Giegold

Berliner Zeitung: Das Ringen um Fondgebühren

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Von Markus Sievers

Wenn Fondsmanager einen Vergleichsindex wie den Dax schlagen, kassieren sie Prämien.

Das Europaparlament will die sogenannten Leistungshonorare für Manager von Investmentfonds begrenzen. Sie verursachen hohe Kosten für die Verbraucher. Gegen die Pläne formiert sich in der Fondsbranche und unter den EU-Parlamentariern Widerstand.

Wer mit Investmentfonds sparen möchte, macht sich Gedanken über Aktienkurse, Rentenmärkte oder Immobilienpreise. Über den finanziellen Erfolg für den Privatkunden entscheiden aber auch ganz andere Faktoren: Ausgabeaufschlag, Verwaltungsgebühr, Depotbankgebühr, Transaktionskosten, Performance Fee. Das ist ohne Anspruch auf Vollständigkeit eine Liste der Methoden, mit denen die Branche bei den Kunden kassiert. Auf mehr als 60 Varianten ist die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen bei Stichproben gestoßen.

Gegen besonders umstrittene Auswüchse möchte jetzt das Europaparlament vorgehen. In dieser Woche stimmen die Abgeordneten über EU-weite Regeln und Grenzen für Leistungshonorare, Performance Fees genannt, ab. Einen Etappensieg erreichten die Verbraucherschützer im Wirtschafts- und Währungsausschuss, der sich mit Mehrheit für schärfere Bestimmungen aussprach. Doch bevor das Plenum am Mittwoch entscheidet, rührt sich Widerstand.

Den ein oder anderen mag die Kritik an Performance Fees erstaunen. Die Leistungsprämien sollen doch Fondsmanager anspornen, gut mit dem Geld umzugehen, das ihnen alleinerziehende Mütter, Familienväter oder junge Berufstätige anvertrauen. Gerade professionelle Investoren setzen darauf, wenn sie ihre Milliarden in die Hände von Fondsgesellschaften geben. Dennoch meint Annabel Oelmann von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen: „Aus unserer Sicht ist die Erfolgsgebühr überflüssig. Es ist eine zusätzliche Gebühr, die im Zweifel die Rendite des Verbrauchers schmälert.“

Bei den Großkunden senken DWS, Union Investment oder Deka als Ausgleich für Performance Fees die Verwaltungsgebühren, die Kosten fürs Personal und andere Aufwendungen erstatten. Bei den Privatkunden aber schlägt die Branche die eine Gebühr oben drauf, ohne auf die andere zu verzichten.

Und: Was heißt überhaupt Erfolg? Das Extrahonorar fällt an, wenn der Manager einen Vergleichsindex schlägt, zum Beispiel den Deutschen Aktienindex (Dax). Gewinnt der Fonds zehn Prozent und der Dax nur fünf Prozent, gibt es eine Prämie. Ein Anleger mit einem Fondsanteil von 10.000 Euro erhält vom Kursanstieg um 1000 Euro beispielsweise 800 Euro. 200 Euro gehen als Perfomance Fee an die Gesellschaft. Laufen die Börsen gut, werden sich die wenigsten darüber aufregen. Anders sieht es aus, wenn der Dax einbricht und der Fonds nur etwas weniger einbüßt. Obwohl der Sparer im Minus steht, muss er eine Erfolgsvergütung abführen.

Bafin setzt Grenzen

„Abzocke“ nennt das der grüne Europa-Abgeordnete Sven Giegold. Nach seiner Vorstellungen sollen in der EU Erfolgsvergütungen nur noch erlaubt sein, wenn die Fondsgesellschaft bei Misserfolg Verwaltungsgebühren in entsprechender Höhe erlässt. „Wir brauchen Symmetrie, so dass Fonds so lange keine Performance Fee verlangen können, bis sie eine Underperformance aufgeholt haben.“

Im zuständigen Ausschuss des Europaparlaments sprach sich eine Mehrheit dafür aus, Perfomance Fees grundsätzlich zu verbieten und nur ausnahmsweise zu erlauben. Voraussetzung dafür sollte sein, dass es Abzüge für schlechte Jahre gibt (Symmetrie) und keine Honorare für ganz kurzfristige Erfolge von weniger als einem Jahr.

Dies aber geht der Branche zu weit. Der deutsche Fondsverband BVI unterstützt nach eigenem Bekunden das Anliegen, verbindliche Normen einzuführen. „Wir halten es für sinnvoll, die Methoden zur Erhebung von Performance Fees zu regeln“, sagt BVI-Hauptgeschäftsführer Thomas Richter. Es müsse aber ein Weg gefunden werden, die Interessen von Privatanlegern und Anbietern ausgewogen zu berücksichtigen. „Ein generelles Verbot würde also über das Ziel hinaus schießen“, sagt Richter.

Für in Deutschland aufgelegte Fonds hat die Aufsichtsbehörde Bafin bereits Grenzen gesetzt. So dürfen die Gesellschaften nicht mehr für ein gutes Quartal oder einen erfolgreichen Monat Honorare beziehen, sondern müssen schlechte Ergebnisse über fünf Jahren fortschreiben. Nur wenn sie innerhalb dieses Zeitraums besser als der Vergleichsmaßstab abschneiden, sind Performance Fees zulässig.

National lässt sich das Problem jedoch nicht bewältigen, meint Verbraucherschützerin Annabel Oelmann: „Wir brauchen eine EU-weite Regelung, weil sonst die Fondsgesellschaften die Produkte in Luxemburg oder anderen Ländern mit weniger strengen Bestimmungen auflegen“.

Doch im Europaparlament formieren sich die Gegner von härteren Auflagen. Eine Allianz aus Konservativen und Liberalen wolle die Regulierung zu Fall bringen, warnt der grüne Abgeordnete Sven Giegold.

 

Artikel von Markus Sievers, erschienen am 30.06.2013 in der Berliner Zeitung

Rubrik: Wirtschaft & Währung

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