Zwei delegierte Rechtsakte der Europäischen Kommission (1) zur Regulierung des außerbörslichen Derivatehandels (EMIR) haben heute das Europaparlament passiert.
Die von der Europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde (ESMA) vorgeschlagenen und durch die Europäische Kommission angenommenen delegierten Rechtsakte setzen genaue Regeln für die zentralen Gegenparteien (Central counterparties, CCPs), über die 20% des weltweiten Derivatehandels abgewickelt werden. Ein erster Rechtsakt schreibt vor, dass die CCPs nur ausreichend solide und liquide Sicherheiten der Handelspartner akzeptieren dürfen, um sich vor Zahlungsunfähigkeiten der Partner zu schützen. Der zweite delegierte Rechtsakt befasst sich mit der Pflicht für Händler, außerbörsliche Derivate über eine zentrale Gegenpartei zu handeln (2). Das Europäische Parlament hat die Möglichkeit, solche Rechtsakte mit absoluter Mehrheit zurückzuweisen.
Eine vom konservativen EMIR-Berichterstatter Werner Langen lancierte Resolution zur Ablehnung der Rechtsakte wurde kurz vor der Abstimmung zurückgezogen. Herr Langen hatte mit der Mehrheit des ECON-Ausschusses bezweifelt, dass die Kommission bei den Rechtsakten im Rahmen ihrer Befugnisse gehandelt hatte.
Nach der Bestätigung der delegierten Rechtsakte durch die Abgeordneten erklärt Sven Giegold, finanz- und wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament:
„Zum Glück konnte eine Parlamentsmehrheit verhindern, dass die Lobbyisten großer Unternehmen wie Lufthansa und E.ON ausreichend Stimmen von Konservativen, Liberalen und Europaskeptiker sammeln konnten. Mit der Ablehnung wäre das Inkrafttreten dieser wichtigen Derivateregulierung aus formellen Gründen erheblich verzögert worden und die nötige Stabilisierung des Finanzsystems hätte Schaden genommen.
Die Beschränkung des OTC-Handels („over-the-counter“) für Akteure, die keine Banken oder ähnliche Finanzinstitute sind, ist Sinn und Zweck der Regulierung. Dass die Kommission im Rahmen ihrer Kompetenz strenge Vorgaben macht, ist genau richtig. Nach unserer Analyse hat die Kommission in diesem Fall den Rahmen ihrer Kompetenz ausgeschöpft, aber nicht überschritten.
Auch wenn die heutige Abstimmung ein Erfolg ist, war der Weg dorthin nicht besonders transparent und die Einbeziehung des Parlamentes durch die Kommission mangelhaft. Einwände und Vorschläge des Europaparlaments wurden von der Kommission nicht berücksichtigt und der Informationsaustausch mit dem Parlament ließ stark zu wünschen übrig.
Wir freuen uns deshalb sehr, dass wir dazu beitragen konnten, mit Kommissar Barnier in letzter Minute ein Abkommen auszuhandeln, das bei zukünftigen delegierten Rechtsakten die parlamentarische Kontrolle garantiert. Das ist auch ein Verdienst von Werner Langen und der Ausschussvorsitzenden Sharon Bowles. Die beschränkte parlamentarische Kontrolle bei delegierten Rechtsakten ist nur hinnehmbar, wenn die Kommission mit dieser Macht verantwortlich umgeht. Darauf werden wir bei zukünftigen Rechtsakten genau achten.“
Die Erklärung der Kommission gibt es hier.
Ein technisches Hintergrundbriefing der Fraktion auf Englisch gibt es hier.
(1) Artikel 290 des Vertrages zur Arbeitsweise der EU (AEUV) sieht vor, dass der Kommission zur Ergänzung oder Änderung bestimmter nicht wesentlicher Vorschriften eines Gesetzgebungsaktes die Befugnis übertragen werden darf, Rechtsakte ohne Gesetzescharakter zu erlassen. Sowohl das Europaparlament als auch der Rat haben innerhalb von zwei Monaten die Möglichkeit, Einwände gegen die delegierten Rechtsakte zu erheben und die Implementierung dadurch zu verhindern.
(2) Wenn Unternehmen, die keine Finanzinstitutionen sind, im systemrelevanten Bereich an „over-the-counter“-Derivatespekulationen teilnehmen wollen, sollen sie besonderen Clearing- und Eigenkapitalpflichten unterworfen werden.