Sven Giegold

ECON-Vizepräsident Brian Hayes wird Lobbyist: Die Drehtür zwischen Politik und Wirtschaft dreht sich wieder zu schnell

Der irische Christdemokrat und einflussreiche Vizepräsident des Wirtschafts- und Währungsausschusses (ECON), MdEP Brian Hayes, kündigte heute auf Twitter an, dass er nach Ablauf dieser Wahlperiode CEO der Banking and Payments Federation Ireland (BPFI) wird: https://twitter.com/brianhayesMEP/status/1059750115173376000

 

Dazu sagt der wirtschafts- und finanzpolitische Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament und Berichterstatter des Europäischen Parlaments für Transparenz, Rechenschaftspflicht und Integrität, Sven Giegold:

“Die Drehtür dreht sich zu schnell für Brian Hayes. Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments brauchen eine Abkühlungsphase, bevor sie von der Vertretung öffentlicher Interessen in die Lobbyarbeit für die Finanzindustrie wechseln. Brian Hayes‘ Ankündigung fast 8 Monate vor seinem Wechsel vom öffentlichen Amt zum Lobbying ist ein positives und seltenes Beispiel für Transparenz. Während die Transparenz von Herrn Hayes lobenswert ist, führen seine privaten Berufsausichten zu einem Interessenkonflikt mit seiner derzeitigen Rolle in der Gesetzgebung. Die EU-Bürger und der Verhaltenskodex des Europäischen Parlaments erwarten von den Abgeordneten, dass sie nach den Grundsätzen von Uneigennützigkeit, Integrität, Ehrlichkeit und Achtung des Rufs des Parlaments handeln. Um einen solchen potenziellen Interessenkonflikt zu lösen, sollte sich Hayes an Abstimmungen zur Finanzmarktregulierung nicht mehr beteiligen und seine legislativen Aufgaben an Kollegen übergeben.

 

Dieser Fall beweist, dass die Regeln des Parlaments verschärft werden müssen. Der jetzige Schwebezustand zwischen hohen Erwartungen einerseits und ohne praktische Handlungsmaßstäbe andererseits ist für Abgeordnete und Bürger schwer erträglich. Die Geschäftsordnung des Parlaments sollte eine Abkühlungsphase nach Ablauf des Mandats des Abgeordneten vorsehen. Während der Abkühlungsphase sollten Abgeordnete auch weiterhin ein Übergangsgeld erhalten.”

 

Hintergrund: EU Transparenzregistereintrag zur Banking and Payments Federation Ireland (BPFI):

http://ec.europa.eu/transparencyregister/public/consultation/displaylobbyist.do?id=981559116223-93

 

Hintergrund: ERHALTENSKODEX FÜR DIE MITGLIEDER DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS IM BEREICH FINANZIELLE INTERESSEN UND INTERESSENKONFLIKTE:

http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+RULES-EP+20180731+ANN-01+DOC+XML+V0//DE&navigationBar=YES

 

Artikel 1 : Leitprinzipien

Im Rahmen der Ausübung ihres Mandats als Mitglieder des Europäischen Parlaments

  1. a)   richten sich die Mitglieder nach folgenden allgemeinen Verhaltensgrundsätzen und handeln nach deren Maßgabe: Uneigennützigkeit, Integrität, Offenheit, Sorgfalt, Ehrlichkeit, Verantwortlichkeit und Wahrung des guten Rufs des Parlaments;
  2. b)   handeln die Mitglieder nur im öffentlichen Interesse und erlangen oder erstreben keinerlei unmittelbaren oder mittelbaren finanziellen Nutzen oder eine sonstige Zuwendung.

 

Artikel 2 : Wichtigste Pflichten der Mitglieder

Im Rahmen ihres Mandats als Mitglieder des Europäischen Parlaments

  1. a)   gehen die Mitglieder keinerlei Vereinbarungen ein, im Interesse einer anderen juristischen oder natürlichen Person zu handeln oder abzustimmen, die ihre in Artikel 6 des Akts vom 20. September 1976 zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments und in Artikel 2 des Abgeordnetenstatuts verankerte Abstimmungsfreiheit beeinträchtigt;
  2. b)   verlangen, nehmen an oder empfangen die Mitglieder keinen unmittelbaren oder mittelbaren Nutzen oder eine sonstige Vergünstigung in Form von Geld- oder Sachleistungen als Gegenleistung für ein bestimmtes Verhalten im Rahmen der parlamentarischen Arbeit des Mitglieds und vermeiden strikt jede Situation, die Bestechung, Korruption oder ungebührlicher Einflussnahme gleichkommen könnte;
  3. c)   gehen die Mitglieder keiner bezahlten gewerblichen Lobbytätigkeit nach, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Beschlussfassungsprozess der Union steht.

 

Artikel 3 : Interessenkonflikte

  1.   Ein Interessenkonflikt liegt vor, wenn ein Mitglied des Europäischen Parlaments ein persönliches Interesse hat, das die Ausübung seines Mandats als Mitglied des Europäischen Parlaments ungebührlich beeinflussen könnte. Ein Interessenkonflikt liegt nicht vor, wenn das Mitglied lediglich als Teil der allgemeinen Öffentlichkeit oder einer breiten Bevölkerungsschicht profitiert.
  2.   Jedes Mitglied, das feststellt, dass es sich in einem Interessenkonflikt befindet, trifft sofort die notwendigen Maßnahmen, um ihm im Einklang mit den Grundsätzen und Vorschriften dieses Verhaltenskodex abzuhelfen. Ist das Mitglied nicht in der Lage, den Interessenkonflikt zu lösen, teilt es dies dem Präsidenten schriftlich mit. In Zweifelsfällen kann sich das Mitglied von dem gemäß Artikel 7 eingerichteten Beratenden Ausschuss zum Verhalten von Mitgliedern vertraulich beraten lassen.
  3.   Unbeschadet des Absatzes 2 legen die Mitglieder, bevor sie im Plenum oder in einem der Organe des Parlaments das Wort ergreifen oder abstimmen oder wenn sie als Berichterstatter vorgeschlagen werden, jeden bestehenden oder potenziellen Interessenkonflikt in Bezug auf die zu behandelnde Angelegenheit offen, wenn er nicht bereits aus den gemäß Artikel 4 erklärten Angaben hervorgeht. Eine solche Offenlegung erfolgt schriftlich oder mündlich an den Präsidenten beziehungsweise den Vorsitz während der entsprechenden parlamentarischen Beratungen.