Sven Giegold

Digitalsteuer rückt in greifbare Nähe: Olaf Scholz darf nicht länger zaudern, die EU muss gemeinsam und schnell handeln

Digitalkonzerne wie Google, Apple, Facebook und Amazon könnten in Zukunft dazu verpflichtet werden, Steuern auf ihre in Europa erwirtschafteten Gewinne zu zahlen. Beim Treffen der EU-Finanzminister in Brüssel zeichnete sich eine Einigung ab, wonach Internetfirmen mit einem Gesamtumsatz von mehr als 750 Millionen Euro und einem Online-Umsatz von mehr als 50 Millionen Euro eine Sondersteuer auf bestimmte digitale Einnahmen entrichten müssen. Ein möglicher Kompromiss sieht vor, dass die Digitalsteuer ab 2021 in der EU erhoben wird, sofern sich auf OECD-Ebene nicht vorher eine internationale Lösung finden lässt. Eine politische Einigung aller EU-Mitgliedsländer wird für Dezember erwartet.

 

Der französische Präsident Emmanuel Macron hatte den Vorschlag der EU-Kommission von März 2018 ausdrücklich begrüßt und um Unterstützung anderer Mitgliedstaaten geworben. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) dagegen hatte mehrfach eine Einigung auf internationaler Ebene einer schnellen Lösung auf EU-Ebene vorgezogen, obwohl die SPD im Koalitionsvertrag den Kampf gegen Steuervermeidung zur zentralen Forderung gemacht hatte. Elf EU-Mitgliedsländer haben bereits eine Steuer auf digitale Umsätze eingeführt und Spanien hat jüngst angekündigt, ebenfalls nationale Maßnahmen zu erlassen.

 

Dazu sagt der wirtschafts- und finanzpolitische Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament, Sven Giegold:

 

“Die Einführung der Digitalsteuer ist gut, aber der Zeitplan ist falsch. Eine europäische Digitalsteuer könnten wir schneller haben als eine globale Digitalsteuer. Die Bundesregierung bremst die Einführung der Digitalsteuer unnötigerweise ab. Olaf Scholz verlängert die milliardenschwere Steuervermeidung von Digitalunternehmen in Europa um weitere Jahre. Steuergerechtigkeit darf man nicht auf die lange Bank schieben. Europa sollte Vorreiter, nicht Nachzügler bei der Besteuerung von Digitalunternehmen sein. Dem europäischen Binnenmarkt droht schon jetzt ein Flickenteppich unterschiedlicher nationaler Digitalsteuern. Das schadet allen Unternehmen im digitalen Binnenmarkt und bremst erfolgreiche Innovationen aus. Olaf Scholz arbeitet nach der falschen Reihenfolge: Die EU sollte die Digitalsteuer umgehend einführen und parallel eine globale Lösung suchen. Globale Entscheidungen dauern immer länger als europäische Lösungen. Die Bundesregierung brüskiert ein weiteres Mal die französische Regierung. Frankreichs Vorschlag, die EU-Digitalsteuer unverzüglich mit einer Auslaufklausel im Falle einer globalen Lösung einzuführen, bringt uns schneller mehr Steuergerechtigkeit. Das Drängen von Frankreich auf eine schnelle Lösung dient nicht französischen Sonderinteressen, sondern ist zum Wohle aller Steuerzahler in der EU. Das Verhalten von Präsident Macron verdient Respekt und Unterstützung.

 

Zusammen mit seinem französischen Kollegen Bruno Le Maire muss Bundesfinanzminister Olaf Scholz die Hauptkritiker aus Irland, Malta, Dänemark und den Niederlanden zum Einlenken drängen. Wenn die EU dem Vorwurf der einseitigen Benachteiligung von US-Konzernen entgehen will, müssen auch Firmen mit weniger als 750 Millionen Euro Umsatz besteuert werden. Die aktuelle Bilanzierungsrichtlinie zieht die Grenze für große Kapitalgesellschaften bei 40 Millionen Euro Umsatz. Diese Schwelle würde kleine Unternehmen verschonen und dennoch für Steuergerechtigkeit sorgen.”

 

Unterlage der österreichischen Ratspräsidentschaft zur Diskussion der EU-Finanzminister:

http://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-13525-2018-INIT/en/pdf

Rubrik: Wirtschaft & Währung

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