Heute hat die europäische Kommission einen Vorschlag für die Revision der Eigenkapitalvorschriften-Richtlinie, besser bekannt als „CRD IV“, veröffentlicht. Durch sie sollen die im vergangenen September vereinbarten neuen aufsichtsrechtlichen Regelungen vom Basler Ausschuss in EU-Recht transponiert werden.
Die Grünen begrüßen den Kommissionsvorschlag, sowohl die Anforderungen an Qualität als auch Quantität für Eigenkapital, das die Banken halten müssen, zu erhöhen. Unsere Unterstützung findet auch der vorgeschlagene „antizyklische Puffer“, den die Banken bereitstellen müssen, wenn sie mehr Kredite vergeben, als durch das Wirtschaftswachstum gerechtfertigt ist.
Sven Giegold, finanz-und wirtschaftspolitische Sprecher der Grünen im Europaparlament, erklärt dazu:
„Die Stunde der Entscheidungen bricht an. Der Kommissionsvorschlag zur Änderung der Eigenkapitalvorschriften ist ein Schritt in die richtige Richtung. Allerdings greift er an entscheidenden Stellen noch zu kurz, um einen Sinneswandel in der Bankenindustrie herbeizuführen, weg von hoch riskanten Spekulationen und hin zu klugen und innovativen Investitionen in die Realwirtschaft. Außerdem muss er in Abstimmung mit noch ausstehenden Regeln zum „Too Big Too Fail“-Problem bearbeitet werden, damit die übermäßige Risikobereitschaft einiger Banken wirklich gezügelt werden kann. Ziel muss sein, dass die SteuerzahlerInnen zukünftig nicht mehr in die Bresche springen müssen, wenn die Banken große und unerwartete Verluste erleiden.
Zentral für die Revision ist die Erhöhung der Mindesteigenkapitalvorschriften. Die vorgeschlagene Steigerung von 8 % auf 10,5 % reicht bei weitem nicht aus. Selbst Stimmen aus dem Umfeld der Banken geben zu, dass mindestens 16-20 % nötig wären, um die Bedrohung von immensen Kosten bei Bankenrettungen für den Steuerzahler zu verringern. Dementsprechend ist es besonders beunruhigend, dass die Eigenkapitalvorschriften, die der Basler Ausschuss im September 2010 beschlossen hat, nur sehr langsam und ohne Klarheit darüber, ob die Vorschriften am Ende verbindlich sein werden, eingeführt werden sollen.
Dass bis mindestens 2017 keine Regulierungen vom so genannten Leverage Ratio [Kapital (bankaufsichtlich) / Gesamtposition (Bilanzierungsregeln)] geben wird, kommt einer Bankrotterklärung effektiver Bankenregulierung gleich. Genau diese Praktiken, Kredite bei ihrer Vergabe mit nicht nachhaltigen Mitteln aufzustocken, haben zur Verschärfung der jüngsten Liquiditätskrise geführt.
Der Schattenbankenbereich wird leider gar nicht adressiert. Obwohl dieser Sektor eine zentrale Rolle während der andauernden Krise spielt, macht die Kommission keine Vorschläge, wie mit den dort entstehenden Risiken umgegangen werden soll oder mit welchen Maßnahmen eine Ausweitung des Sektors unterbunden werden kann.
Für den jetzt im Europaparlament beginnenden Gesetzgebungsprozess bleibt also einiges zu tun. Die Vertreter der Mitgliedsstaaten können sich auf harte Verhandlungen gefasst machen. Wir werden uns trotz des zu erwartenden starken Lobbydrucks mit aller Kraft für eine möglichst unbürokratische Verschärfung der Eigenkapitalvorschriften einsetzen, um die Entstehung weiterer Schlupflöcher für die Banken zu verhindern. Gleichzeitig werden wir darauf achten, dass genossenschaftlichen Banken der Marktzutritt erleichtert wird und kleine Institute nicht wegen zu hoher und vor allem zu bürokratischer Auflagen aus dem Markt gedrängt werden.“