Die EZB arbeitet an einem europäischen Kreditregister namens AnaCredit (Analytical Credit Dataset). Ab Ende 2017 sollen Banken Daten zu Krediten ab 25.000 Euro an die Zentralbank melden. Die EZB behauptet, bei AnaCredit handle es sich um ein rein statistisches Vorhaben, weshalb weder eine öffentliche Konsultation noch eine Begründung der Erforderlichkeit der etwas mehr als 120 Datenfelder notwendig sei. Da AnaCredit aber auch aufsichtlichen Zwecken dienen soll, habe ich bei der EU-Bürgerbeauftragten eine Beschwerde eingereicht, die inzwischen von über 900 Vorständen deutscher Banken mitgetragen wird. Die Bürgerbeauftragte hat zwar die Beschwerde vorerst formal zurückgewiesen, weil die Rechtsgrundlage zu AnaCredit noch nicht beschlossen ist. Aber die Bürgerbeauftragte hat an die EZB geschrieben, um eine Konsultation anzumahnen. Nun hat die EZB eingelenkt, den Verordnungsentwurf ins Internet gestellt und eine informelle Konsultation gestartet. Bis zum 29. Januar 2016 fordert die EZB zu Stellungnahmen auf. Schon damit ist der geplante Beschlusstermin für AnaCredit bis Ende 2015 nicht mehr zu halten. Seltsamerweise fehlt aber eine offizielle Einladung zu einer Konsultation, die sie bis vor kurzem noch abgelehnt hatte.
Zum EZB-Projekt AnaCredit sagt der finanz- und wirtschaftspolitische Sprecher der Grünen/EFA im Europaparlament Sven Giegold:
“Das Einlenken der EZB ist ein erfreulicher Schritt. Auch bei EZB-Verordnungen müssen die EU-Standards guter Gesetzgebung eingehalten werden. Dazu gehört auch eine öffentliche Konsultation. Daher fordere ich das zuständige EZB-Direktoriumsmitglied Sabine Lautenschläger auf: Laden Sie nun auch öffentlich zur Beteiligung an einer Konsultation ein und veröffentlichen Sie alle Eingaben, so dass EU-Transparenzregeln erfüllt sind.
Schon der erste Schritt der EZB ist ein Erfolg für den Datenschutz und für kleinere Banken wie Sparkassen und Genossenschaftsbanken, denen die EZB einen unnötig hohen Aufwand aufbrummen würde. Beim ursprünglichen Vorschlag stehen Aufwand und Nutzen in keinem vernünftigen Verhältnis. Die EZB steht nun in der Pflicht, Kosten und Nutzen für alle Meldeanforderungen von AnaCredit abzuwägen und öffentlich darzustellen.
Das Verfahren der Europäischen Bürgerbeauftragten ist auch ein Schritt für mehr Bürgernähe und Demokratie bei der EZB. Die Europäische Zentralbank kann selbständig Regeln setzen, die für Bürger wie EU-Gesetze wirken, ohne dass ihre Vertreter im Parlament und im Rat der Mitgliedstaaten dabei demokratisch mitentscheiden können. Daraus folgt eine besondere Verpflichtung, höchste Standards an Kosten-Nutzen-Abwägung, Bürgerbeteiligung und Transparenz einzuhalten. Die EZB sollte sich hier in Kooperation mit dem Europaparlament entsprechend selbst binden.”
Den Entwurfstext der AnaCredit-Verordnung sowie die öffentliche Konsultation finden Sie hier:
Den Text meiner Beschwerde bei der EU-Bürgerbeauftragten finden Sie hier:
Die Liste der Unterstützer von über 900 Vorstandsmitgliedern finden Sie hier:
Liste der Unterstützer Stand 8.12.2015_final
EZB-Erklärungen zu AnaCredit samt der Ablehnung einer öffentlichen Konsultation:
https://www.bankingsupervision.europa.eu/about/ssmexplained/html/anacredit.en.html