Gestern hat die Konferenz der Fraktionsvorsitzenden des Europaparlaments ein Paket für mehr Lobbytransparenz beschlossen. Abgeordnete können künftig eine Erklärung unterzeichnen, dass sie die “systematische Praxis” einhalten, nur registrierte Lobbyisten zu treffen. In ihren persönlichen Profilen auf der Webseite des Europaparlaments können die Europaabgeordneten diese Erklärungen und ihre Treffen mit Lobbyisten transparent machen. Beides bleibt für die Abgeordneten freiwillig, wird aber deutlich einfacher vergleichbar für Bürger, NGOs und Medien, so dass öffentlicher Druck die aktuell niedrige Zahl an freiwilligen Selbstverpflichtungen und freiwilliger Lobbytransparenz steigern wird. Darüber hinaus wird der Zugang nicht-registrierter Lobbyisten zum Europaparlament als Gäste von Europaabgeordneten und als Sprecher jeglicher Veranstaltungen unmöglich.
Das Paket ist eine Stärkung der Position des Parlaments in Verhandlungen mit EU-Kommission und Rat der Mitgliedstaaten über eine Verbesserung des schon bestehenden EU Transparenzregisters für Lobbyisten. Die Verhandlungen waren auch deshalb ins Stocken geraten weil die Chefverhandlerinnen des Parlaments, die französische Sozialistin Sylvie Guillaume und die polnische Christdemokratin Danuta Hübner keine vergleichbaren Verbesserungen der Lobbytransparenz beim Parlament anbieten wollten. Die jetzt von den Fraktionsvorsitzenden im Parlament beschlossenen Maßnahmen entsprechen weitgehend den Forderungen meines Berichts des Europaparlaments für “Transparenz, Rechenschaftspflicht und Integrität in den EU-Institutionen” von September 2017. Die vorherigen Positionen auf Initiative der Chefverhandlerinnen, also das im Juni 2017 beschlossene Verhandlungsmandat und das 4-Spalten-Dokument von April 2018, waren schwächer gewesen. Diese Entscheidungen waren zuvor jeweils von Christdemokraten, Sozialdemokraten und Liberalen gegen Grüne und Rechtskonservative gefasst worden.
Formal benötigt die Anpassung der Parlaments-Homepage noch eine letzte Bestätigung vom Präsidium des Europaparlaments in seiner Sitzung heute, Montag 2 Juli in seinem Treffen ab 18:30 Uhr. Ein nächstes Treffen der drei EU-Institutionen zum Transparenzregister findet voraussichtlich morgen, Dienstagabend, 3 Juli, in Straßburg statt.
Was die Transparenz im Rat der Mitgliedstaaten angeht, hat der Rat hier mittlerweile zur Verbesserung seiner Verhandlungsposition eine Erklärung der Mitgliedstaaten vorgeschlagen. Darin sollen sich der Ständige Vertreter und sein Stellvertreter für die sechsmonatige Ratspräsidentschaft und die 6 Monate vorher verpflichten, nur registrierte Lobbyisten treffen. Aktuell seien dazu rund 20 von 28 Mitgliedstaaten bereit.
Dazu sagt der Berichterstatter des Europaparlaments für Transparenz, Rechenschaftspflicht und Integrität in den EU Institutionen, Sven Giegold:
“Der Beschluss der Fraktionsvorsitzenden ist ein großer Schritt zu mehr Klarheit für die Bürger, wer ihre Vertreter beeinflusst. Die Ehrenerklärung nur registrierte Lobbyisten zu treffen und die Möglichkeit Treffen transparent zu machen sind freiwillig, aber leicht vergleichbar und deshalb wirksam für ein stärker verbindliches Lobbyregister. Die harte Verhandlungslinie von Kommissions-Vize Frans Timmermans hat im Europaparlament die große Koalition der Transparenz-Blockierer aus Christdemokraten, Sozialdemokraten und Liberalen zum Einlenken bewegt. Der Druck von NGOs und Öffentlichkeit hat sich gelohnt. Ein Scheitern der Verhandlungen für eine Reform des EU Transparenzregisters dürfte damit noch einmal verhindert worden sein.
Noch immer ist die große Blockade-Koalition allerdings nicht bereit zu verbindlicher Lobbytransparenz für Berichterstatter und Ausschussvorsitzende. Die oft gegen verbindliche Regeln für Abgeordnete ins Feld geführte Freiheit des Mandates von Abgeordneten stünde eine Pflicht zur Veröffentlichung aller Lobbytreffen von Berichterstattern und Ausschussvorsitzenden nicht entgegen. Mit der Aufgabe direkt EU-Gesetze mit zu schreiben, sollten auch zusätzliche Transparenenz-Pflichten einhergehen. Das jetzige Paket ist ein großer Schritt zu mehr Lobbytransparenz. Unser Ziel bleibt aber verbindliche Lobbytransparenz für alle Abgeordneten.
Der notorisch intransparente Rat verbessert seine schwache Position noch weniger als das Parlament. Es ist beschämend, dass die Ständigen Vertretungen der Mitgliedstaaten bei der EU sich nur alle 13 Jahre zur Übernahme der Ratspräsidentschaft an die Regeln des Transparenzregisters halten wollen. Die Ständigen Vertretungen sollten sich immer und vom Chef bis zu den Mitarbeitern in Ratsarbeitsgruppen an die Regeln des Transparenzregisters halten.
Pressemitteilung des Europaparlaments zur Entscheidung für das Transparenz-Paket: http://www.europarl.europa.eu/news/en/press-room/20180627IPR06705/new-package-of-transparency-tools-for-meps