Sven Giegold

EU-Saatgutrecht: Kommission stärkt einseitig Agrar- und Chemiekonzerne

Nach den beunruhigenden Gerüchten der vergangenen Wochen zur Saatgutrechtsreform hat die EU-Kommission heute ihren Vorschlag vorgelegt. Leider zeigt sich, dass die Sorge, die Saatgut-Industrie finde in der Kommission einen Fürsprecher, begründet war.

110789179_3a938b3c88PRESSEMITTEILUNG – Brüssel, 6. Mai 2013
EU- Saatgutrecht: EU-Kommission stärkt einseitig Agrar- und Chemiekonzerne

Zu den Vorschlägen der EU-Kommission für ein vereinheitlichtes Saatgutrecht in Europa erklärt der Europaabgeordnete und agrarpolitische Sprecher der Grünen, Martin Häusling:

„Die Vorlage der EU-Kommission für ein neues, europaweites Saatgutrecht ist ein Schlag ins Gesicht all jener Züchter, die sich seit Jahren um mehr Artenvielfalt im Acker-, Obst- und Gemüseanbau kümmern. Mit der Vereinheitlichung des Rechts, das die gegenseitige Anerkennung des nationalen Rechts ablösen soll, werden teure europaweite Zulassungsverfahren nötig. Das schwächt gerade die vielen innovativen mittelständischen Zuchtunternehmen, die sich diese Verfahren nicht werden leisten können.

Gestärkt werden sollen stattdessen Konzerne, die ein Interesse an einem auf wenige, aber hochprofitable Sorten beschränktes Saatgutspektrum haben, das allein auf hohen Output gezüchtet ist. Es profitieren die Erzeuger von Hybrid-Saatgut und jene Unternehmen, die nun mit Rückendeckung der Kommission globale Märkte bedienen und dabei ein „Rundumsorglos-Paket“ mit Saatgut, Dünger und Pestiziden anbieten.

Verprellt aber werden jene, denen es um die Erzeugung regionaler Sorten und von Saatgut für den ökologischen Markt geht. Ihnen werden zwar Sonderrechte zugestanden. So bleiben zwar Erzeugnisse von Unternehmen registrierungsfrei, die weniger als zwei Millionen Euro Umsatz haben und weniger als zehn Mitarbeiter haben. Damit werden sie jedoch in eine Nische abgedrängt oder zu Hobbyzüchtern degradiert. Dort gehören sie aber nicht hin, denn auch kleine Erzeuger benötigen den vollen Zugang zum Markt. Der soll ihnen künftig verwehrt bleiben, folgt man den heute veröffentlichten Plänen der Kommission.

Es stellt sich die Frage, warum wir überhaupt ein europaweit gültiges Saatgutrecht brauchen? Ich bin durchaus für die Harmonisierung der Rechtssysteme, nicht aber für die Zentralisierung, denn  sie zerstört im Saatgutbereich die schöpferische Kraft kleiner Unternehmen und Initiativen.“

 

Noch ist aber nichts verloren: Nachdem die Kommission ihren Vorschlag vorgelegt hat, wird er in den kommenden Wochen das Parlament passieren müssen und zuletzt im sogenannten Trilog zwischen Kommission, EU-Rat und Parlament beraten werden. Bei diesem Prozedere ist es möglich, Änderungen vorzunehmen. Umso wichtiger, jetzt zu mobilisieren und eine breite und kritische Öffentlichkeit für das Thema zu schaffen.

Weitere Infos gibt es auf der Seite meines Kollegen Martin Häusling.