Sven Giegold

Eurogruppe zu Corona-Krise: Alte Muster statt europäische Solidarität

Heute fand ein Treffen der Euro-Finanzminister in Form einer Videokonferenz statt. Die Minister haben sich mit der wirtschaftspolitischen Reaktion auf die Corona-Krise befasst. Im Zentrum stand dabei, wie der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) eingesetzt werden soll, um Mitgliedstaaten in Finanzierungsschwierigkeiten zu helfen. Vorsorgliche Kreditlinien (ECCL) sollen von allen Mitgliedstaaten in Anspruch genommen werden können. Sie wären an bestimmte Bedingungen geknüpft, z.B. dass sie für Ausgaben für Gesundheitsversorgung oder zur Hilfe der Wirtschaft verwendet werden. In der Vergangenheit waren ESM-Hilfen an radikale Sparprogramme geknüpft. In den letzten Tagen wurde zudem die Möglichkeit diskutiert, dass mehrere Euroländer Zugang zu vorsorglichen ESM-Kreditlinien beantragen, um damit eine mögliche Stigmatisierung durch die Finanzmärkte zu vermeiden. Zur Finanzierung einer europäischen fiskalpolitischen Reaktion auf die Corona-Krise gab es zuletzt auch der Vorschlag eines einmaligen gemeinsamen Corona-Bonds. Ergebnis der Eurogruppe ist ein Brief an die Staats- und Regierungschefs für ihre Videokonferenz am Donnerstag mit dem Stand der Diskussion. Entscheidungen wurden keine getroffen. Ein Communiqué schaffte die Eurogruppe nicht zu verabschieden.

Dazu erklärt Sven Giegold, Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Europäischen Parlament:

“Die Euro-Finanzminister haben wieder nur beraten aber nichts beschlossen. Die bisherige Unfähigkeit der Eurogruppe zu einer gemeinsamen fiskalpolitischen Antwort auf die Corona-Krise ist enttäuschend. Die Umstände sind gänzlich anders als in der Eurokrise, dennoch wiederholen sich alte Muster. Obwohl die Krise jeden gleichermaßen trifft und kein Mitgliedstaat sie verschuldet hat, ist bisher keine gemeinsame Reaktion beschlossen. Die Bundesregierung muss jetzt solidarisch handeln und darf gegenüber unseren europäischen Freunden nicht kleinlich sein.

Die Regierungschefs sind gefordert, am Donnerstag ein umfangreiches europäisches Hilfsprogramm zu beschließen und so eine tiefe Spaltung der Eurozone zu verhindern. Die Regierungschefs müssen sich dazu durchringen, die vorsorglichen Kreditlinien des ESM für alle Eurostaaten und ohne Sparauflagen zugänglich zu machen. Alle Euroländer brauchen einen sicheren Zugang zur Staatsfinanzierung zu günstigen Zinsen. Nur so können spekulative Angriffe auf einzelne Mitgliedstaaten verhindert werden. Die beste europäische Antwort wäre kurzfristig ein gemeinsamer Corona-Bond zur Finanzierung dringender Krisenausgaben der Mitgliedstaaten. Ein gemeinsamer Corona-Bond würde verhindern, dass einzelne Euroländer wegen zunehmender Staatsschulden in Schieflage geraten. Die Euroländer dürfen die Verantwortung für die Krisenbekämpfung nicht wieder bei der EZB abladen.”

Rubrik: Wirtschaft & Währung

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