Sven Giegold

Neubesetzung Eurogruppenvorsitz: Nadia Calviño als Brückenbauerin zwischen Nord und Süd

Nachdem der portugiesische Finanzminister Centeno Anfang Juni seinen Rücktritt erklärt hat und damit auch das Amt als Eurogruppenchef demnächst abgibt, soll am Donnerstag, den 9. Juli, bei einer Sitzung der Eurogruppe der/die Nachfolger*in gewählt werden. Im Rennen sind die spanische Finanzministerin Nadia Calviño, der irische Finanzminister Paschal Donohoe und der luxemburgische Finanzminister Pierre Gramegna. Calviño wäre die erste Frau in dieser Position. Angesichts der großen anstehenden Entscheidungen beim europäischen Wiederaufbaufonds ist die Neubesetzung des Eurogruppenvorsitzes von besonderer Bedeutung.

Am heutigen Mittwoch, den 8. Juli, stimmt das Plenum des Europaparlaments über Francois-Louis Michaud als Exekutivdirektor für die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) ab. Der Wirtschafts- und Währungsausschuss hatte sich letzte Woche gegen den Kandidaten ausgesprochen, weil der Rat der Aufseher der EBA keine ausgewogene Bewerberliste aus mindestens einem Mann und einer Frau vorgelegt hatte. Die Abstimmung im Plenum könnte abermals knapp ausgehen.

 

Sven Giegold, Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Europäischen Parlament erklärt:

“Calviño ist die perfekte Brückenbauerin für die Eurogruppe. Sie ist einerseits Südeuropäerin, hat andererseits aber lange in der EU-Kommission Verantwortung für ganz Europa übernommen. Als nachgiebige Südeuropäerin kann man die Kandidatin aufgrund ihrer früheren Arbeit an nationalen Anpassungsprogrammen nicht abstempeln. Mit ihrem spanischen und europäischen Hintergrund ist Calviño eine Kandidatin, die europaweit vermitteln kann. Calviño als erste weibliche Eurogruppenchefin wäre ein großer Schritt zu mehr Gleichberechtigung in EU-Finanzpositionen mit Signalwirkung für ganz Europa. 

Ein Eurogruppenchef aus einer europäischen Steueroase wie Luxemburg oder Irland wäre angesichts der fiskalpolitischen Herausforderungen in der Corona-Krise fatal. Europa muss dringend Fortschritte machen bei der Besteuerung von internationalen Konzernen und vermögenden Individuen, um die Corona-Wirtschaftshilfen gegenzufinanzieren. 

Mit dem Vorschlag von Michaud hat sich der Rat der Aufseher der EBA zum wiederholten Mal gegen die Forderung des Europaparlaments nach einer ausgewogenen Shortlist von mindestens einer Kandidatin und einem Kandidaten für Finanz-Spitzenpositionen in EU-Institutionen gestellt. Um die eigene Glaubwürdigkeit nicht zu untergraben, muss das Plenum am Mittwoch der Empfehlung des Ausschusses folgen und den Kandidaten aus formalen Gründen ablehnen. Nur wenn wir konsequent bleiben, wird sich bei der unsäglichen Benachteiligung von Frauen in der Besetzung von Spitzenpositionen im Finanzbereich endlich etwas ändern.”

 

P.S.: EINLADUNG – Webinar “Welche Regeln brauchen wir für die Lobbymacht?” am Do 9.7. 18-19.30 Uhr. Mit dabei stv. SPD-Vorsitzender Kevin Kühnert, LobbyControl-Campaignerin Christina Deckwirth und Daniel Freund, MdEP und ehemaliger EU-Mitarbeiter von Transparency International. Gleich hier anmelden!

Rubrik: Wirtschaft & Währung

Bitte teilen!