Sven Giegold

Deutsch-französisches Positionspapier: Europa braucht eine echte Finanztransaktionssteuer, keinen Etikettenschwindel

Deutschland und Frankreich schlagen eine Finanztransaktionssteuer nach dem Vorbild der bestehenden begrenzten Börsenumsatzsteuer Frankreichs vor. Dort werden lediglich Transaktionen von im Inland herausgegebenen Aktien besteuert, Derivate bleiben außen vor und Anleihen ebenso inklusive aller Staatsanleihen. Der deutsch-französische Vorschlag soll anlässlich des heutigen Treffens der Eurogruppe mit den an einer verstärkten Zusammenarbeit interessierten acht weiteren Mitgliedstaaten Belgien, Griechenland, Italien, Portugal, Österreich, Spanien, Slowenien und Slowakei diskutiert werden. Als Anreiz zur Einführung der Finanztransaktionssteuer sollen etwaige Einnahmen die Beiträge der Mitgliedstaaten für den EU-Haushalt mindern.

 

Als politische Antwort auf die Finanzkrise von 2007/2008 hatte die EU-Kommission auf Druck des Europaparlaments 2010 die Einführung einer Finanztransaktionssteuer in der ganzen EU vorgeschlagen. Aktuell sind nur zehn Mitgliedstaaten an einer Umsetzung interessiert, können sich jedoch seit acht Jahren nicht auf eine gemeinsame Bemessungsgrundlage einigen. Würden Derivate auch besteuert, wären die Einnahmen Schätzungen zufolge rund achtmal höher.

 

Dazu sagt der wirtschafts- und finanzpolitische Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament, Sven Giegold:

 

“Die deutsch-französische Initiative ist Etikettenschwindel. Nur den Aktienhandel zu besteuern und Derivate auszuklammern torpediert die ursprüngliche Idee der Finanztransaktionssteuer, sekundenschnelle Spekulationsgeschäfte einzudämmen und relevante Einnahmen zu erzielen. Ohne die Besteuerung von Derivaten wird der Schaden von spekulativen Übertreibungen an den Finanzmärkten weiterhin auf die Gesellschaft abgewälzt. Der deutsche Bundesfinanzminister und Sozialdemokrat Olaf Scholz und sein französischer Kollege Bruno Le Maire zerstören ein Gerechtigkeitsprojekt, für das sich viele Menschen jahrelang eingesetzt haben. Im Europaparlament gibt es seit langem eine Mehrheit für eine echte Finanztransaktionssteuer, auch dank des Einsatzes der europäischen Sozialdemokraten.

 

Statt sich bei diesem Thema an Frankreich dranzuhängen, sollte die deutsche Bundesregierung von Frankreich um Unterstützung für eine echte Finantranskationsteuer fordern, die ihren Namen auch verdient. Die Einnahmen für das EU-Budget zu verwenden ist richtig, aber um schlagkräftig zu sein, muss die Finanztransaktionssteuer eine breite Bemessungsgrundlage bekommen.”

 

Artikel in der Süddeutschen Zeitung vom 2. Dezember:

https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/finanztransaktionssteuer-eu-olaf-scholz-1.4235483

Rubrik: Wirtschaft & Währung

Bitte teilen!