Die an der verstärkten Zusammenarbeit für eine Europäische Staatsanwaltschaft beteiligten Mitgliedstaaten erzielten heute Vormittag im Rat der Innen- und Justizminister eine Einigung über die Verordnung (“allgemeine Ausrichtung”). Neben Deutschland nehmen insgesamt 18 Länder teil, sowohl West- als auch Osteuropa. Es fehlen Länder mit großen Problemen wie Ungarn, und leider auch die Gründungsstaaten Italien und Niederlande sowie Österreich. Die Europäische Staatsanwaltschaft soll ermitteln, wenn Betrug mit EU-Mitteln stattfindet, zum Beispiel bei europäischen Investitionsprojekten. Sie ist ein Einstieg in die direkte europäische Bekämpfung organisierter Kriminalität mit starken eigenen Ermittlungskompetenzen. Die Kommission schätzt Schäden durch Betrug alleine an EU-Geldern auf jährlich 500 Millionen Euro, vor allem durch Mehrwertsteuerbetrug. Sitz der neuen Institution soll Luxemburg sein, wo bereits der Europäische Gerichtshof zu Hause ist.
Der wirtschafts- und finanzpolitische Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament und Berichterstatter für Transparenz, Rechenschaftspflicht und Integrität in den EU-Institutionen, Sven Giegold begrüßt die Europäische Staatsanwaltschaft:
“Die Einigung auf eine Europäische Staatsanwaltschaft ist ein großer Schritt zu einem effizienteren und handlungsfähigeren Europa. Trotz aller Krisen und Zynikern verbessert Europa seine Zusammenarbeit statt stillzustehen. Die Europäische Staatsanwaltschaft sorgt für Rechtssicherheit und kann aktiv gegen den Missbrauch von EU-Geldern vorgehen, ohne auf Mitgliedstaaten warten zu müssen. Der Europäische Staatsanwalt wird somit auch zum Anwalt des europäischen Steuerzahlers. Es muss sichergestellt werden, dass EU-Gelder bei den Bürgern angekommen statt in dunklen Kanälen von Mitgliedstaaten zu versickern. Die Europäische Staatsanwaltschaft wird die Durchsetzung europäischer Regeln stärken. EU-Mitgliedsstaaten, die sich nicht an die Regeln halten, wird das Leben in Zukunft deutlicher schwerer gemacht. Mit der neuen Institution gewinnt Europa an Glaubwürdigkeit und Durchsetzungsfähigkeit.
Die Europäische Staatsanwaltschaft schafft eine wichtige Grundlage für deutlich mehr europäische Investitionen. Sie ergänzt sinnvoll den Kampf der Mitgliedstaaten gegen Betrug und Geldwäsche, wenn EU-Mittel betroffen sind. Dieses verstärkte Vorgehen gegen Betrug kann dem EU-Haushalt Millionen zurückbringen, die etwa in Energiewende und Digitalisierung fließen können. Enttäuschend ist, dass Ministerpräsident Rutte die Niederlande und Ministerpräsident Gentiloni Italien nicht zum Teil dieses europäischen Fortschritts machen und damit auch nicht alle Gründungsstaaten der EU an Bord sind.
Die Idee von Justizkommissarin Věra Jourová, den Zugang von Mitgliedstaaten zu EU-Mitteln mit dem Prüfungsrecht durch die EU-Staatsanwaltschaft zu verknüpfen, verdient weitere Diskussion.
Wir fordern die beteiligten Mitgliedstaaten auf, zügig die offenen Fragen der Verfahrensrechte sowie der Zusammenarbeit mit Eurojust und den nicht-beteiligten EU-Ländern zu klären, so dass die Europäische Staatsanwaltschaft vom Europäischen Parlament angenommen und schnellstmöglichst ins Leben gerufen werden kann.”
Tagesordnung der heutigen Sitzung der Innen- und Justizminister:
http://www.consilium.europa.eu/de/meetings/jha/2017/06/08-09/
Jahresbericht 2016 des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF):
https://ec.europa.eu/anti-fraud/sites/antifraud/files/olaf_report_2016_en.pdf