Sven Giegold

Europaweites Altersvorsorgeprodukt: EU-Parlament stärkt Nachhaltigkeit und Verbraucherschutz

EU-Kommissar Dombrovskis präsentiert das europäische Renten-Anlageprodukt PEPP

Der Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europäischen Parlaments hat diesem Montagabend einen Verordnungsentwurf zur Einführung einer europäischen Altersvorsorgeprodukts (Pan-European Pension Product, kurz: PEPP) mit einer Mehrheit aus u.a. Christdemokraten (EVP), Sozialdemokraten (S&D), Liberalen (ALDE) und Grünen verabschiedet. Dieses Rentenprodukt mit europaweit einheitlichen Qualitätsstandards soll als Ergänzung zur staatlichen und betrieblichen Altersvorsorge von privaten Akteuren angeboten werden und innerhalb Europas übertragbar sein. Anleger können sich neben einem sicheren Basisprodukt mit Kapitalgarantie als Standardoption auch für flexiblere PEPP-Varianten mit höherer Renditeerwartung und mehr Risiko entscheiden. Die jährlichen Kosten und Gebühren des Basis-PEPP dürfen 1% der Anlagesumme nicht überschreiten. Zentrale Forderungen von uns Grünen bei Verbraucherschutz und nachhaltiger Kapitalanlage wurden durchgesetzt. Die Abstimmung ist die Grundlage der Parlamentsposition für die anstehenden Verhandlungen mit Ministerrat und EU-Kommission.

Dazu sagt der wirtschafts- und finanzpolitische Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament, Sven Giegold:

“Die heute beschlossene Parlamentsposition zum PEPP ist ein Durchbruch für europäische Altersvorsorgesparer. PEPP-Produkte kombinieren hohe Standards bei Verbraucherschutz und Nachhaltigkeit. Das PEPP verspricht Anlegern in ganz Europa den Zugang zu einem verlässlichen Altersvorsorgeprodukt, dessen Kosten durch mehr Transparenz und harten europaweiten Wettbewerb deutlich sinken sollen im Vergleich zu bisherigen Produkten. Zusätzlich begrenzt der Gesetzgeber die jährlichen Kosten und Gebühren auf 1% der Anlagesumme. Damit kommen auch in Deutschland die häufig unverschämten Gebühren bei Lebensversicherungen und Investmentfonds unter stärkeren Druck des Wettbewerbs.

Die Parlamentsposition stärkt nachhaltige Finanzmärkte, denn PEPP-Anbieter sind verpflichtet bei der Anlage der Vermögenswerte Nachhaltigkeitsziele zu verfolgen und dies öffentlich darzulegen. Damit wären PEPPs das erste europäische Finanzmarktprodukt für die breite Bevölkerung, das von vorn herein auf nachhaltige Geldanlage verpflichtet ist.

Die maßgebliche Rolle der europäische Versicherungsaufsichtsbehörde (EIOPA) in der Zulassung und Aufsicht über die neuen Sparprodukte ist von zentraler Bedeutung, denn sie garantiert die europäisch einheitliche Qualität und Vergleichbarkeit von PEPP-Produkten. Nachbesserungsbedarf besteht bei der Aufsicht über die heterogenen PEPP-Anbieter, die als Banken, Versicherungsunternehmen, betriebliche Rentenkassen oder Fonds unterschiedlich strikten prudentiellen Regeln unterliegen.

PEPP ist eine große Chance, Altersvorsorgesparer europaweit an den Chancen der Kapitalmarktunion zu beteiligen. Dennoch bleibt das PEPP hinter hocheffizienten Modellen wie dem schwedischen Bürgerfonds zurück, der Sparern Kapitalmarkterträge zu einem Bruchteil der üblichen Kosten ermöglicht.

Es ist ein absurdes Geschenk an die Finanzlobby gegen bessere kapitalgedeckte Alterssparprodukte zu stimmen, weil man die gesetzliche Rente verteidigen will. Bürger haben immer auch privat für das Alter vorgesorgt. Dafür haben sie ein Recht auf faire und nachhaltige Produkte. Diesem Ziel hat sich das Europaparlament nun durch grünen Druck verschrieben. Trotzdem: Die kapitalgedeckte Altersvorsorge kann die gesetzliche Rente jedoch nur ergänzen. PEPP darf nicht missbraucht werden, um die überfällige Stärkung der gesetzlichen Rente in Deutschland zu verschieben. Gerade gegen Altersarmut kann privates Alterssparen wenig ausrichten. Hier ist Handeln durch den deutschen Gesetzgeber überfällig!”

Hinweis: In einer früheren Version dieses Artikels hieß es fälschlicherweise „1% der Beiträge eines Jahres“ bzw. „1% der jährlichen Beiträge“ statt „1% der Anlagesumme“. Wir haben dies nachträglich korrigiert.

Rubrik: Klima & Umwelt, Wirtschaft & Währung

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