Sven Giegold

Finanzmarktpolitik (PRIIPs): Veto des Europaparlaments bringt mehr Transparenz für Verbraucher

Die EU-Kommission hat heute überarbeitete Detailregeln zur Umsetzung der sogenannten PRIIPs-Verordnung (“Verordnung über Basisinformationsblätter für verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsanlageprodukte”) verabschiedet, mit dem Ziel die Informationen für Verbraucher zu komplexen Anlageprodukten (PRIIPs) zu verbessern.

Abgeordnete des Europaparlaments arbeiten gerade zusammen mit der EU-Kommission und den Europäischen Finanzaufsichtsbehörden (ESAs) an der Umsetzung eines Kernbestandteils der EU-Finanzmarktreformen: Die Einführung eines einheitlichen und leicht verständlichen Finanzprodukt-Informationsblatts für verpackte Anlageprodukte wie Investmentfonds oder Lebensversicherungen im Rahmen der PRIIPs-Verordnung.

Im September letzten Jahres hatte das Europaparlament mit einer breiten Plenumsmehrheit die ursprünglichen Vorschläge der Kommission abgelehnt. Das zentrale Manko der damaligen Kommissionsvorschläge: Die detaillierten Umsetzungsregeln hätten zu unrealistischen Ertragsprognosen für Anlageprodukte geführt, die in vielen Fällen zu optimistisch ausgefallen wären. Verbraucher wären dadurch in die Irre geführt worden. Außerdem kritisierte das Europaparlament den Mangel an Vorschlägen zur Umsetzung des Warnhinweises für Anlageprodukte, die häufig nicht richtig verstanden werden (“comprehension alert”). Durch die Ablehnung im Plenum des Europaparlaments erhielt die Kommission ein “Mandat” zur Überarbeitung ihrer Vorschläge.

In den heute veröffentlichten detaillierten Umsetzungsregeln hat die Kommission die Kritikpunkte des Europaparlaments berücksichtigt. Die Brüsseler Behörde schlägt darin ein zusätzliches und verbindliches “Stress-Szenario” vor: eine Prognose von Anlageergebnissen unter extremen aber plausiblen negativen Markentwicklungen. Verbraucher erhalten dadurch ein deutlicheres Bild davon, was mit ihrer Geldanlage im schlimmsten Falle passieren könnte. Außerdem legt die Kommission jetzt auf gemeinsamer europäischer Grundlage fest, wann Warnhinheise abzudrucken sind. Damit erhalten Verbraucher ein Signal, dass sie ihr Geld in einem Produkt anlegen würden, das schwer verständlich ist. Um eine ordentliche Umsetzung dieser überarbeiteten Detailregeln zu ermöglichen, hatte die Kommission zuvor die Frist zur Umsetzung der PRIIPs-Verordnung bereits bis zum 31. Dezember 2017 verlängert.

 

Sven Giegold, finanz- und an wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament, kommentiert:

„Der heutige Beschluss ist ein Erfolg für den Verbraucherschutz. Die überarbeiteten Regeln geben den Verbrauchern ein klareres Bild über die Risiken und Vorteile von komplexen Anlageprodukten. Anstatt von überoptimistischen zukünftigen Renditeprognosen irregeführt zu werden, kann ein zusätzlicher kritischer Ausblick („Stress-Szenario“) eine sinnvolle Ausgewogenheit von Informationen über Gewinne und Verluste bringen, ohne Privatanleger mit Informationen zu überlasten.

Darüber hinaus bieten die Regeln eine solide Basis für die Verbesserung der Transparenz bei der umfangreichen Auswahl an komplexen Anlageprodukten: Der kurze Warnhinweis für schwer verständliche Anlageprodukte, kann Privatanlegern deutlich machen, dass diese Produkte besonders komplex sind.

Der heutige Beschluss zeigt auch die Stärke des Europäischen Parlaments als Gesetzgeber bei detaillierten Umsetzungsbestimmungen. Diverse Interessengruppen und vor allem die Versicherungsbranche haben versucht, diese Überprüfung zu nutzen, um ihre unangemessenen Einzelinteressen zu fördern. Auch scheiterte alle Lobbyarbeit, um die Erträge der Vergangenheit (“past performance scenarios”) in den Verbraucherinformationen zu veröffentlichen, die Investoren leicht in die Irre führen. Denn die Vergangenheit ist ein schlechter Indikator für die Vorhersage der Zukunft. Doch dank guter Zusammenarbeit standen die Verhandlungsführer von Kommission und Europäischem Parlament zusammen und ließen sich nicht von Spezialinteressen einlullen . Es gilt jetzt, die Arbeit an den neuen Regeln zu beschleunigen, indem das Parlament beschließt, dem Kommissionsvorschlag nicht zu widersprechen.

Europaparlament und EU-Kommission haben gezeigt, dass sie einen wirksamen Beitrag zur Umsetzung der PRIIPs-Regulierung leisten wollen. In diesem positiven Geist der Zusammenarbeit sollten beide Institutionen jetzt an der Umsetzung zur Offenlegung von Informationen und Zielen zu Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG) für PRIIPs-Produkte weiterarbeiten.“

 

Die Dokumente der überarbeiteten Detailregeln zur PRIIPs-Umsetzung finden Sie hier:

https://sven-giegold.de/wp-content/uploads/2017/03/C_2017_1473_1_COMMISSION_DELEGATED_REGULATION_EN_V2_P1_880588.pdf

https://sven-giegold.de/wp-content/uploads/2017/03/C_2017_1473_1_ANNEX_EN_V2_P1_880612.pdf

 

Die Resolution des Europäischen Parlaments zur Ablehnung der ursprünglichen Vorschläge der EU-Kommission finden Sie hier: http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//NONSGML+TA+P8-TA-2016-0347+0+DOC+PDF+V0//EN

 

Rubrik: Wirtschaft & Währung

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