Sven Giegold

Finanztransaktionssteuer – Die Kommission tritt Aufforderung des Parlaments eine umfassende Untersuchung durchzuführen mit Füßen

Finanztransaktionssteuer

Die Kommission tritt Aufforderung des Parlaments eine umfassende Untersuchung durchzuführen mit Füßen

Noch vor wenigen Wochen hat das Parlament die Kommission mit großer Mehrheit aufgefordert, eine Untersuchung einzuleiten, worin die potentiellen Stärken und Schwächen einer allgemeinen Finanztransaktionssteuer (FTS) untersucht werden sollen.[1] Jetzt, Anfang April, veröffentlicht die Kommission ein „staff working paper“, zum Thema „Innovative financing on a global level“, dessen Inhalt sich zwar mit der FTS auseinander setzt und sie bewertet, jedoch nicht über die althergebrachten Argumente hinauskommt.[2] Es wird kurzfristig angenommen, dass durch die Steuer der Preisfindungsmechanismus gestört würde und damit die Effizienz der Märkte gefährdet sei. Außerdem wird generell bezweifelt, dass eine solche Steuer mit den rechtlichen Vorgaben der Verträge vereinbar sei. Im Gegensatz dazu vertritt der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages jedoch die Auffassung, dass nicht per se gesagt werden kann, dass eine solche Steuer im Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht stünde. Es bleibt daher abzuwarten, wie konkrete Gesetzesvorschläge aussehen, bevor deren Rechtmäßigkeit angezweifelt werden kann.

Trotz zugegebener knapper Quellenlage, wird die Idee schlussendlich als sehr negativ bewertet, ohne dass eine detaillierte Untersuchung stattgefunden hat. Außerdem werden ausschließlich Argumente für globale Maßnahmen gesammelt, Initiativen auf europäischer Ebene werde gar nicht erst in Betracht genommen. Obwohl in dem Dokument ausdrücklich auf die Bedeutung des europäischen Marktes im weltweiten Wettbewerb hingewiesen wird, wird ein mutiger erster Schritt durch die EU quasi ausgeschlossen. Eine Chance als Vorreiter voran zu gehen wird hier vertan.

Favorisiert wird in den Schlussfolgerungen des Papers ein „Pricing leverage and risk-taking“ (Levy on certain assets or liabilities of the banking sector), angelehnt an die Vorschläge aus Schweden und den USA. Eine solche Bankenabgabe könnte jedoch maximal EUR 11 Mrd. pro Jahr an Einnahmen erzielen, wohingegen eine Steuer bei einem Satz von nur 0,1% auf Finanztransaktionen zwischen EUR 289 Mrd. und EUR 748 Mrd. pro Jahr einbringen könnte. Die große Differenz dieser Werte ergibt sich aus verschiedenen Szenarien, in denen die reelle Reduzierung der stattfindenden Transaktionen verschieden eingeschätzt und bewertet wird.

Die Bankenabgabe soll für einen Teil der Kosten der aktuellen Bankenkrise aufkommen und gleichzeitig einen Puffer für zukünftige Krisen anhäufen. Die möglichen Einnahmen sind unserer Ansicht nach allerdings viel zu gering, um die für die Rettung der Banken benötigte Mittel zurückzuzahlen. Auch für die Bewältigung zukünftiger Krisen wären sie nur ein Tropfen auf den heißen Stein und nicht mehr als eine symbolische Maßnahme. Vielmehr ist davon auszugehen, dass bisher entstandene Kosten durch Rettungsaktionen als Kollateralschaden begriffen werden, auf dessen Kosten die Allgemeinheit im Endeffekt sitzen bleibt. Im Gegensatz zu einer FTS hat die von der Kommission bevorzugte Bankenabgabe keinerlei regulativen Charakter und kann somit keinen aktiven Beitrag zur Verhinderung einer erneuten Krise leisten.

Aktuell hat Ratspräsident Van Rompuy heute im Plenum seine Unterstützung für eine FTS wiederholt. Damit äußert er sich ähnlich wie sein Pendant in der Kommission Barroso, der auch schon wiederholt bekräftig hat, dass zielstrebig an dem Thema gearbeitet wird.

Wir kritisieren, dass hingegen der Aussagen des Präsidenten, der Stab der Kommission anstelle von detaillierter und engagierter Arbeit an dem Thema sich lieber damit befasst, alte wenig substantiierte Argumente erneut vorzubringen.


[1]Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem Thema „Steuern auf Finanzgeschäfte – praktische Umsetzung“, 3. März 2010, http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?type=MOTION&reference=B7-2010-0133&language=DE

[2] SEC(2010) 409 final, Commission staff working document, Innovative financing at a global level, 1 April 2010, http://ec.europa.eu/economy_finance/articles/international/documents/innovative_financing_global_level_sec2010_409en.pdf