Sven Giegold

„Google und Co.: Nicht mehr als gerecht“ – Gastwirtschaft in der Frankfurter Rundschau

Folgender Artikel erschien zuerst in der Frankfurter Rundschau am 6.9.2017. Alle Rechte verbleiben dort. http://www.fr.de/wirtschaft/gastwirtschaft/google-und-co-nicht-mehr-als-gerecht-a-1577965

Google und Co. Nicht mehr als gerecht

Warum wir eine Digitalsteuer brauchen und Finanzminister Olaf Scholz den Kampf gegen Steuerdumping und Finanzkriminalität endlich zu einer Priorität machen muss.

06.09.2018 17:34 Uhr

Von Sven Giegold
Digitalunternehmen wie Google und Apple zahlen in der EU durchschnittlich nur 9,5 Prozent Steuern auf ihre Gewinne. Andere international tätige Unternehmen dagegen 23,2 Prozent. Deshalb hat der französische Präsident Emmanuel Macron eine Digitalsteuer vorgeschlagen. Angela Merkel versprach Macron deutsche Unterstützung für eine EU-Einigung zur Digitalbesteuerung in der EU bis Ende des Jahres. Doch nun ist ein Papier aus dem Leitungsstab des Bundesfinanzministeriums aufgetaucht. Es lehnt die Einführung der Digitalsteuer ab. Die „Dämonisierung der großen Digitalunternehmen“ sei „nicht zielführend“, berichten Medien aus dem vertraulichen Papier. Die Befürworter der Digitalsteuer wollen Google und Co. nicht dämonisieren, sondern zu einem fairen Steuerbeitrag verpflichten.

Die Wertschöpfung der großen digitalen Konzerne ist meist immateriell und deshalb einem Land nicht so eindeutig zuzuordnen wie der Umsatz des lokal verwurzelten Einzelhandels. Multinationale Digitalkonzerne können ihre Gewinne deshalb dorthin buchen, wo die niedrigsten Steuern anfallen. Deshalb brauchen wir diese Steuer: Mit einer am Umsatz orientierten Digitalsteuer sollte ein Teil der enormen Gewinne den europäischen Bürgern zugutekommen. Der unfaire Wettbewerb zwischen lokalem Einzelhandel und globalem Digitalhandel muss beendet werden.

Mit seinem Vorstoß düpiert Finanzminister Olaf Scholz den französischen Präsidenten, der die Digitalsteuer zu seiner Priorität gemacht hat, und Sozialdemokraten in ganz Europa. Scholz hatte in den letzten Monaten bereits die Finanztransaktionssteuer zu einer Börsenumsatzsteuer reduziert und die länderbezogene Steuertransparenz von Großunternehmen abgelehnt. Das Dementi von Olaf Scholz’ Sprecher zur „Bild“-Meldung ist unglaubwürdig. Das interne Papier, das auffordert, die Digitalsteuer zu „verhindern“, trägt Scholz‘ Unterschrift. Mir scheint: In der Steuerpolitik ist dem Finanzminister das Gerechtigkeitsgefühl abhandengekommen. Scholz muss den Kampf gegen Steuerdumping und Finanzkriminalität endlich zu einer Priorität machen. Für eine Einigung bis Ende des Jahres braucht es jetzt unmissverständliche Unterstützung der Bundesregierung für die EU-Digitalsteuer. Die Digitalisierung darf nicht jenseits des Gemeinwohls stattfinden.

Der Autor ist Abgeordneter von Bündnis 90 / Die Grünen im EU-Parlament.

 

 

Rubrik: Wirtschaft & Währung

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