Seit die griechische Regierung ein Referendum für kommenden Sonntag angekündigt hat, gibt es immer mehr Stimmen aus Deutschland, die eine andere Regierung wollen. Nach der offenen Forderung von Europaparlamentspräsident Martin Schulz nach einer Ablösung von Tsipras kommentiert Sven Giegold, Sprecher der deutschen Grünen im Europaparlament:
Martin Schulzs Forderung eines Regimewechsel ist eine taktlose Einmischung in das Referendum in Griechenland. Es ist skandalös, wenn der Präsident des Europäischen Parlaments die Absetzung einer demokratisch gewählten Regierung fordert. Schulz sollte sich raushalten und die Griechen frei entscheiden lassen. Eine Einmischung von außen spielt nur dem “Nein”-Lager in die Karten. Außerdem: Schulzs Schwadronieren über Verhandlungen zwischen einer technokratischen Übergangsregierung und den Gläubigern ist demokratisch höchst fragwürdig. Als überparteilicher Parlamentspräsident hat Schulz den Bogen deutlich überspannt. Er sollte lieber dazu beitragen, für gegenseitiges Verständis über Grenzen hinweg zu werben, statt nationale Einseitigkeiten zu bedienen,
Die Demokratie hat im gesamtem Prozess der Euro-Krisenpolitik schon genug gelitten. Aus Respekt vor der griechischen Bevölkerung, sollten wir daruf verzichten, den Griechen zu sagen, wie sie abstimmen sollen. Denn die Entscheidung zwischen Austerität und Mitgliedschaft im Euro ist eine Entscheidung zwischen Pest und Cholera. Klar ist aber auch: Direkte Demokratie funktioniert nur, wenn die Bürger eine informierte Entscheidung treffen können. In der Kürze der Zeit und bei der Unklarheit der Folgen der Abstimmungsentscheidung wird dieses Prinzip arg strapaziert. Aber die Entscheidung, ob Griechenland im Euro bleibt oder nicht, ist die Entscheidung der Menschen in Griechenland.
Viele sehen das Referendum in Griechenland als Abstimmung über eine Kaputtsparpolitik, die in Brüssel von Regierungschefs und Ministern hinter verschlossenen Türen entschieden wurde. Wenn diese Politik mit Strafen nun nicht mehr durchgesetzt werden kann, darf die Antwort nicht sein, regelmäßig die schwächsten Mitglieder aus der Runde zu werfen. Dazu gibt es auch genausowenig eine Rechtsgrundlage, wie für das Brechen anderer Regeln Europas. Wir müssen das schaffen, was dem Euro fehlt: Eine gemeinsame und vor allem demokratische Wirtschafts- und Finanzpolitik der Eurozone. Wo es die gemeinsame demokratische Politik in Europa gibt wie beim Umweltschutz, der Gleichberechtigung und dem Verbraucherschutz, da funktioniert es auch. Wenn wir diese Demokratie auch für die Wirtschafts- und Finanzpolitik erreichen, können wir auch dort weiterkommen.