Sven Giegold

Immobilienkredite: Deutschland muss bei Hypotheken wohl nachbessern

Neues Gesetz zu Immobilienkrediten weicht vom EU-Recht ab – zum Nachteil des Verbrauchers.

Ruth Berschens

Brüssel

Häuslebauer müssen aufpassen, wenn sie eine Hypothek aufnehmen: Das neue deutsche Gesetz für Wohnimmobilienkredite widerspricht offenbar in mehreren Punkten den EU-Vorgaben. Die Abweichungen seien nicht rechtens und gingen voll zulasten der Kreditnehmer, monieren Verbraucherschützer und EU-Parlamentarier. „Die Bundesregierung hat die EU-Regeln für Wohnimmobilienkredite nicht korrekt in deutsches Recht übersetzt und den Verbraucherschutz stiefmütterlich behandelt“, kritisiert der EU-Abgeordnete Sven Giegold von den Grünen. Er plant deshalb, bei der EU-Kommission Beschwerde einzulegen.

Konkret geht es vor allem um die Entschädigungszahlung, die Banken bei einer vorzeitigen Ablösung einer Hypothek verlangen können. Diese sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung ist zwar grundsätzlich erlaubt. Laut EU-Richtlinie darf die Bank dem Kunden aber nur die Kosten in Rechnung stellen, die ihr selbst tatsächlich durch die vorzeitige Ablösung der Hypothek entstehen.

Das im März verabschiedete deutsche „Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinieschreibe dies aber nicht zwingend vor, moniert Frank-Christian Pauli vom Bundesverband der Verbraucherzentralen. Hinzu komme, dass der deutsche Gesetzgeber die Banken weiterhin nicht dazu anhalte, ihre Berechnungsmethode für die Vorfälligkeitsentschädigung offenzulegen. Der Kreditnehmer könne also gar nicht überprüfen, ob der Betrag korrekt berechnet worden sei.

Dieser Umsetzungsmangel im deutschen Recht hat nach Ansicht von Experten große Bedeutung, denn in den kommenden Jahren werden besonders viele Deutsche eine Erbschaft machen und ihre Hypothek dann vorzeitig ablösen. Das Problem betreffe daher einen bedeutenden Teil der Immobilien-Kreditvergabe.

EU-Parlamentarier Giegold entdeckte noch eine weitere Lücke im deutschen Gesetz: Kopplungsgeschäfte bleiben erlaubt, auch wenn sie für den Kunden gar nichts bringen. Es ist beispielsweise üblich, Hypotheken mit einem Bausparvertrag oder einer Rechtsschutzversicherung zu verknüpfen. Laut EU-Richtlinie sind solche Kopplungsgeschäfte nur noch dann zulässig, wenn sie einen nachweisbaren Nutzen für den Kunden mit sich bringen. Diese Einschränkung fehle im deutschen Gesetz, monieren die Kritiker.

Die Bundesregierung muss nun wahrscheinlich nachbessern. Die EU-Kommission prüft das deutsche Umsetzungsgesetz derzeit noch und wird womöglich bald einen Mahnbrief nach Berlin schicken. Der zuständige EU-Kommissar Jonathan Hill macht zwar weniger neue europaweite Finanzmarktgesetze als sein Vorgänger Michel Barnier. Um so mehr Wert legt Lord Hill aber darauf, dass geltendes EU-Recht in den Mitgliedstaaten auch korrekt angewandt wird. Das hat der Brite bereits mehrfach klargestellt.

 

 

Weitere Informationen zu den Umsetzungsmängeln beim Gesetz zu Wohnimmobilienkrediten finden Sie nachfolgend:

  • eine Übersicht zu den Umsetzungsmängeln
  • ein kurzes Rechtsgutachten über Probleme und Nachholbedarf bei der Vorfälligkeitsentschädigung

 

 

Rubrik: Wirtschaft & Währung

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