Im Juni will die EU-Kommission Gesetzesvorschläge zur Bekämpfung von Steuerdumping vorlegen. Heute veranstaltete sie eine Orientierungsdebatte zur Unternehmensteuerpolitik. Sven Giegold, finanz- und wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament, kommentiert die vorab an die Öffentlichkeit gelangten Vorschläge:
“Die schwachen Vorschläge der zuständigen Kommissare untergraben einmal mehr die Glaubwürdigkeit der Juncker-Kommission in Steuerfragen. Anstatt Steuertransparenz auf alle grenzüberschreitend tätigen Konzerne auszuweiten, kündigt die Kommission kafkaesk lediglich die Konsultation für eine Folgenabschätzung an. Zur länderbezogenen Berichterstattung (Country-by-country-reporting) findet sich sonst kein einziges Wort. Der Kommission fehlt es ganz offensichtlich am politischen Willen, entschlossen gegen Steuerdumping vorzugehen. Die EU könnte durch Mehrheitsentscheid die länderbezogene Berichterstattung auf alle grenzüberschreitend tätigen Unternehmen ausweiten. Im Entwurf zu neuen Regeln für Aktionärsrechte haben die Europaabgeordneten entsprechende Vorschläge der Grünen/EFA-Fraktion mitgetragen. Jetzt muss die Kommission diese Regeln im Rat gegenüber den Mitgliedstaaten entschieden verteidigen.
Die Kommission betont zurecht die Bedeutung einer gemeinsamen konsolidierten Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage (GKKB) im Kampf gegen Steuerdumping und für Steuertransparenz. Mit ihrem zweistufigen Ansatz aber verkennt die Kommission die Dringlichkeit des Projekts. Die Kommission ignoriert, dass Steuerwettbewerb und Steuerdumping selbst den europäischen Binnenmarkt sabotieren. Die GKKB ist nur ein Puzzleteil. Um mit einer gemeinsamen Bemessungsgrundlage einen neuen Abwärtswettlauf bei den Steuersätzen verhindern, braucht es Vorschläge für eine europäische Mindestkörperschaftsteuer und Mindeststandards für Doppelbesteuerungsabkommen.
Die EU-Kommission muss auch Schlüsse aus den Untersuchungen des Europäischen Parlaments (1) zu Steuervermeidungspraktiken großer Konzerne ziehen. Gegen das Ausnutzen nationaler Steuerschlupflöcher durch transnationale Konzerne müssen alle EU-Institutionen gemeinsam mit einer kohärenten und koordinierten Politik vorgehen.”
(1) Der Sonderausschuss des Europäischen Parlaments zu Steuervermeidung setzt derweil seine Untersuchungen fort. Diese Woche wird eine Delegation nach Irland und in die Niederlande reisen, im Juni dann nach Großbritannien.
Den Text der EU-Kommission zur Orientierungsdebatte finden Sie hier.