Sven Giegold

Lackmustest für Tajani: Geschlechterquoten in Ausschussvorständen müssen eingehalten werden

 

In dieser Woche werden im Europaparlament die Vorstände der Ausschüsse neu gewählt. Dabei müssen zum ersten Mal die neuen Regeln der Geschäftsordnung hinsichtlich der Zusammensetzung der Ausschussvorstände (Vorsitzende/r und stellvertretende Vorsitzende) eingehalten werden. Diese sehen unter anderem vor, dass die Vorstände nicht mit nur männlichen oder nur weiblichen Abgeordneten besetzt werden dürfen, sondern mindestens eine Frau und mindestens ein Mann vertreten sein müssen. Bei der Wahl des neuen Vorstands des Wirtschaft- und Währungsausschusses (ECON) und dem Haushaltsausschuss (BUDG) soll diese Regel gebrochen und nur männliche Abgeordnete gewählt werden. In einem Brief hat Sven Giegold, Mitglied des Wirtschaft- und Währungsausschusses für die Grünen, den EU-Parlamentspräsidenten Antonio Tajani schriftlich aufgefordert, für die Einhaltung der neuen Regeln zu sorgen. Dazu kommentiert Sven Giegold, Sprecher der Grünen im ECON-Ausschuss und stellvertretendes Mitglied des für die Auslegung der Geschäftsordnung zuständigen Verfassungsausschuss:

 

“Wenn es um Geld und Finanzen geht, scheint Gleichberechtigung noch immer zweitrangig zu sein. Minimalanforderungen bei der Gleichberechtigung sind keine Auslegungssache. Die Einhaltung der Quotenregel ist ein Lackmustest für Tajani. Der neue Parlamentspräsident muss bei der Wahl des Ausschussvorstands für die Einhaltung der Regeln sorgen. Wenn es um den Respekt der Regeln des Euro-Stabilitätspakts geht, ist der Währungsausschuss immer sehr penibel, die eigenen Gleichstellungsregeln nimmt man scheinbar nicht so genau. Gerade in Zeiten von Trump sollte das Europaparlament Vorbild bei der Gleichberechtigung sein. Tage nach dem beeindruckenden Marsch der Frauen auf Washington sollten wir in Europa unsere eigenen Regeln zur Gleichberechtigung nicht so einfach über Bord werfen.”

 

Mein Brief an Parlamentspräsident Tajani:

 

“Dear President Tajani,

The general revision of our Rules of Procedure included a new rule for the composition of the bureaus of our Parliament’s committees. Since January 2017 rule 204 now includes this sentence: “The diversity of Parliament must be reflected in the composition of the bureau of each committee; it shall not be permissible to have an all male or all female bureau or for all of the Vice-Chairs to come from the same Member State.”

Contrary to the clear rule (“shall”), tomorrow our committees for Economic and Monetary Affairs (ECON) as well as Budget (BUDG) are set to elect bureaus which violate this rule. The political groups seem to have nominated exclusively male candidates for the bureaus of these two committees.

The ECON committee’s important duties include to insist on the rules of the growth and stability pact. It would be ironic if just this committee would violate our own newly adopted rules ourselves so blatantly. The committees ECON and BUDG committees are the perhaps most relevant to decide financial matters in our house. We should not contribute to the gender gender power gap in particular if our own rules forbid us to do so.

I would like to ask you to take the necessary steps according to rule 226 to ensure that our Rules of Procedures for the election of all committee’s bureaus are fully respected.

With kind regards

Sven Giegold”

Neue Geschäftsordnungs-Regel 204: http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+RULES-EP+20170116+RULE-204+DOC+XML+V0//DE&navigationBar=YES

Rubrik: Demokratie & Lobby

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