Spiegel Online schreibt: „Der grüne Europaabgeordnete Sven Giegold will verhindern, dass der Satiriker Martin Sonneborn und seine Spaßpartei Die Partei ins EU-Parlament einziehen„. Das ist falsch. Ich gratuliere meinem neuen Kollegen Sonneborn zu seinem Mandat, er ist ordentlich gewählt. Ich zweifle an der Rechtsgrundlage für seinen Plan insgesamt 60 Kandidaten seiner Liste durchs Europaparlament rotieren zu lassen. Ich mag Martin Sonneborns Späße sehr, möchte aber keinem Kollegen erlauben, Witze auf Kosten der SteuerzahlerInnen zu machen.
Hier der Brief, wie ich ihn an die Verwaltung des Europaparlaments geschrieben habe und er Spiegel Online vorlag:
Sven Giegold MdEP
Europäisches Parlament
ASP 08 G 209 Rue Wiertz 60
1047 Brüssel/Belgien
Tel. +32 (0)2 28 45369
Fax +32 (0)2 28 49369
E-mail: sven.giegold@europarl.europa.eu
Herrn Klaus WELLE
Generalsekretär
Europäisches Parlament
Gebäude PHS 11B11
– im Hause –
Brüssel, 27.05.2014
MdEP Martin Sonneborn: Bitte um intensive Prüfung
Sehr geehrte Damen und Herren,
unser neuer Abgeordnetenkollege, Herr Martin Sonneborn, hat für seine Partei angekündigt „Wir melken die EU wie ein kleiner südeuropäischer Staat.“ Er präzisiert: „Wir werden die Zeit vor allem damit verbringen, unsere Rücktritte zu organisieren und uns zu bereichern.“ In den 5 Jahren der Legislatur möchte er 60 Parteimitglieder durchs Europaparlament rotieren und sie jeweils 33.000 Euro und das Übergangsgeld kassieren lassen (taz, 26.05.2014). Gerade weil ich seine Arbeit als Comedian außerordentlich schätze, bitte ich Sie hiermit förmlich, die Verschwendung von Steuergeldern zu verhindern und dafür alle rechtlichen Möglichkeiten vollständig zu nutzen. Ich liebe Sonneborns Witze auf Kosten von uns PolitikerInnen, aber ich lasse keine zu auf Kosten der SteuerzahlerInnen.
Im Abgeordnetenstatut unseres Europäischen Parlamens heißt es:
Artikel 13
1. Die Abgeordneten haben nach Ende des Mandats Anspruch auf ein Übergangsgeld in Höhe der Entschädigung nach Artikel 10.
2. Dieser Anspruch besteht für jedes Jahr der Ausübung des Mandats für einen Monat, mindestens jedoch für sechs und höchstens für 24 Monate.
[…] http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2005:262:0001:0010:DE:PDF
Diese Regelung wird vom Parlament in den Durchführungsbestimmungen wie folgt angewandt:
„Der Abgeordnete des Europäischen Parlaments, der sein Mandat nach einer Amtszeit von mindestens einem Jahr niederlegt, hat Anspruch auf die Zahlung eines Übergangsgeldes, das der Entschädigung entspricht. Der Anspruch auf Zahlung eines Übergangsgeldes entsteht am ersten Tag des Monats nach der Niederlegung des Mandats.“
http://www.epintranet.ep.parl.union.eu/intranet/ep/content/mep/mep_life_myadmin/mep_rem uneration/transitory_allowance
Der Plan der Partei widerspricht also mindestens den zeitlichen Voraussetzungen für Ansprüche auf Übergangsgeld.
Im übrigen zweifle ich an der Freiwilligkeit von evtl. Mandatsverzichtserklärungen der Herr Sonneborn nachfolgenden VertreterInnen der „Partei“, angesichts der genannten Presseveröffentlichungen von Herrn Sonneborn. Dies wird noch verstärkt durch Herrn Sonneborns Einlassungen zur innerparteilichen Demokratie: „Wir sind ja eine straff führerzentrierte Partei.“ (taz, 26.02.2014). Daher fordere ich Sie auf, nicht zuletzt die freie Willensentscheidung zum Mandatsverzicht ausführlich zu prüfen. Wenn uns die Große Koalition aus Konservativen, Sozialdemokraten und Liberalen die Abschaffung von Bürokratie schon schwer macht, wollen wir wenigstens Sonneborns Ringen mit ihr sehen.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Sven Giegold
Mein Brief als pdf: 140527_Sonneborn-Pruefbitte