Sven Giegold

Mein Gastbeitrag im Handelsblatt: Vorsicht Propaganda – Was uns Fonds einflüstern

Bereits im Vorfeld der UCITS-Abstimmungen war im Handelsblatt ein Gastbeitrag von mir zum Vorgehen der Fondsindustrie gegen die geplante Regulierung der Fondsgebühren erschienen:

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Gastbeitrag von Sven Giegold vom 02.07.2013, 15:10 Uhr

Vorsicht Propaganda – was uns Fonds einflüstern

Immer noch können deutsche Banken Auflagen der BaFin umgehen und überhöhte Fondsgebühren kassieren. Dem muss das Europaparlament am Mittwoch einen Riegel vorschieben – und den Widerstand aus CDU und FDP brechen.

Deutschlands Fondsindustrie hat in den letzten Jahren eine neue Einnahmequelle entdeckt: Performance Fees – erfolgsabhängige Gebühren. An sich eine lobenswerte Innovation. Institutionelle Investoren haben diese mit ihrer Einkaufsmacht schon seit langer Zeit für sich durchgesetzt. Allerdings als Ersatz für zu hohe Fixkosten und nicht als Belohnung für kurzfristige Pseudoperformance wie dies im Publikumsbereich üblich ist.

Performance Fees sind ausgesprochen lukrativ für die Anbieter von Publikumsfonds. Studien von Stiftung Warentest sowie jüngst von der Rating Agentur Scope haben gezeigt, dass erfolgsabhängige Gebühren keineswegs zu höherem Erfolg führen. Im Gegenteil: Die Performance Fees belasten den Kunden massiv. Bei weltweit investierenden Aktienfonds zum Beispiel wurde laut Scope über die drei Jahre von 2009 bis 2011 im Durchschnitt 2,15 Prozent Performance Fee zusätzlich zu den fixen Verwaltungsgebühren aufgeschlagen. Das heißt, Kunden haben in diesem Zeitraum fast vier Prozent Gebühren pro Jahr an die Gesellschaften gezahlt!

Es ist bemerkenswert, wie ein Oligopol von vier großen Anbietern – Deutsche Bank, Commerzbank/Allianz, Sparkassen sowie Genossenschaftsbanken – neue Gebühren erfindet und am Markt durchzusetzt, die komplett zu Lasten der Kunden gehen und pro Jahr mehrere Hundert Millionen Euro zusätzliche Gewinne in ihre Kassen spülen, ohne mit dem Kartellrecht in Konflikt zu kommen.

Seit dem 1. Juli 2013 müssen Fondsgesellschaften ihre Gebührenstruktur von der BaFin genehmigen lassen. Dies wird einigen Wildwuchs eindämmen. Insbesondere wurde ein erster Schritt in Richtung Anleger gemacht, indem ein Performance Gedächtnis eingeführt wurde. Wenn ein Fonds eine Underperformance erwirtschaftet hat, darf der Fonds so lange keine Performance Fee bezahlen, bis die Underperformance aufgeholt wurde. Diese Regel gilt für fünf Jahre, danach wird das Gedächtnis gelöscht.

Diese Regelung ist zwar besser als die momentane Praxis aber sie springt immer noch zu kurz. Zum einen kann ein Fonds, der über eine Anlageperiode von fünf bis sieben Jahren eine extrem schlechte Performance hat immer noch , eine hohe Performance Fee kassieren, wenn er z.B. durch eine besonders riskante Anlagestrategie ein glückliches Jahr hatte. Außerdem können die deutschen Anbieter problemlos in Zukunft ihre Luxemburger Fonds vertreiben. Der Kunde kauft z.B. bei seiner örtlichen Sparkasse einen Fonds mit Sparkassen Logo, der über eine Luxemburger Holding in deutsche Aktien investiert. Kein Kunde wird verstehen, dass dieser deka Fonds nicht von der BaFin reguliert ist.

Regulierung auf europäischer Ebene wichtig

Daher ist Regulierung auf europäischer Ebene so wichtig. Die morgen zur Abstimmung stehenden Regeln zur Vergütung von Fondsmanagern (UCITS V) verhindern die Umgehung der Regeln der BaFin.

Allerdings wollen Christdemokraten, Liberale und britische Europaskeptiker die vom Wirtschaftsausschuss beschlossenen strengen Regeln mit einem Änderungsantrag noch verhindern. Die Vorschläge des Ausschusses schreiben, wie in den USA, Symmetrie vor, d.h. Outperformance kann nur honoriert werden, wenn Underperformance symmetrisch zu einer Reduzierung der fixen Verwaltungsgebühren führt. Alle in Europa aufgelegten Fonds werden von diesen Regeln erfasst.

Viele glauben, das sei alles gar nicht so wichtig. Die Fondsindustrie versucht uns einzuflüstern, dass angesichts einer im langfristigen Durchschnitt sieben Prozent Aktienrendite, die Gebühren bei ausreichend langer Haltedauer verschwindend gering seien. Viele Kunden scheinen diese Propaganda zu glauben.

Das liegt daran, dass unsere Alltagserfahrung nicht dazu geeignet ist, uns im intuitiven Umgang mit langen Zinseszinsreihen zu schulen: Wer jeden Monat nur 100 Euro spart und in einem deutschen Aktienfonds mit 7% durchschnittlicher Bruttorendite (vor Gebühren) anlegt, würde nach dreißig Jahren insgesamt knapp 83.000 Euro (vor Steuern) ausbezahlt bekommen. Mit der Gebührenstruktur der USA hätte er jedoch über 15.000 Euro, fast 20 Prozent mehr erwirtschaftet.

Hätte unser Bundesbürger das Glück in Schweden zu leben und würde in den dortigen staatlichen Pensionsfonds einzahlen, der nur 0,1 Prozent Verwaltungsgebühr benötigt, hätte er gar eine um fast 30.000 Euro (34 Prozent) höhere Summe für seine Rente zur Verfügung.

Angesichts dieser gewaltigen Unterschiede zeigt sich wie wichtig die Gebühren für den Endverbraucher sind. Im Europaparlament steht Mittwochmittag zur Abstimmung, wie wichtig es den Abgeordneten ist, die Anlegerinteressen zu schützen und für einen faire und gleichmäßige Regeln im EU-Binnenmarkt zu sorgen.