Die Anhörungen der designierten Kommissare nehmen eine demokratische Wendung. Wochenlang wurde über eine große Koalition im Europaparlament spekuliert, bei der Konservative (EVP) und Sozialdemokraten (S&D) ihre Kandidaten gegenseitig schützen. Diese Koalition ist mit den Anhörungen von Hill, Cañete und Moscovici aufgebrochen. Die Sozialdemokraten kritisierten Cañete und die Christdemokraten Moscovici. Das ist gut für die Europäische Demokratie. Denn das Europaparlament war in Gefahr, sein besonderes Recht zur Prüfung einzelner Kandidaten in parteipolitischen Scharmützeln zu verspielen.
Pierre Moscovici hat sich bei seiner Arbeit als Finanzminister nicht mit Ruhm bekleckert. Auch bei der Finanztransaktionssteuer (FTT) hat er Schaden angerichtet. Er hat das Lied der Lobby der Französischen Finanzwirtschaft gegen die Spekulationssteuer gesungen und einige gewaltige Löcher in die FTT gebohrt. Auch sein Gesetzesvorschlag zu einer Bankenstrukturreform in Frankreich war schwach und schützte die subventionsbasierten Geschäftsmodelle von BNP Paribas und Société Générale.
Trotzdem verdient er eine Chance als Kommissar für Wirtschaft und Währung. Er ist überzeugter Pro-Europäer. Vor allem jedoch kann nur er eine politische Balance im Bereich der Europäischen Wirtschafts- und Finanzpolitik herstellen. Zudem hat er sich glaubwürdig zum europäischen Kampf gegen Steuerflucht und Steuerdumping von Großunternehmen bekannt.
Seine ersten Ankündigen zur Stärkung von Transparenz und Demokratie in der europäischen Wirtschaftspolitik, vor allem bezüglich der Troika sind eine gute Grundlage für zukünftige Arbeit. Konkrete Beispiele hätten diese Ankündigung allerdings glaubwürdiger gemacht. Auch hat er meine Frage nicht beantwortet, wie er demokratische Verantwortlichkeit und Transparenz in der Euro-Politik und der Troika wieder herstellen will. Das Europaparlament hat dazu Vorschläge im Troika-Bericht vorgelegt.