Sven Giegold

Europäische Ombudsfrau verurteilt Wechsel von ehemaligem EBA-Exekutivdirektor Farkas in die Finanzlobby

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Interessierte,

Liebe Vertreter*innen der Medien,

 

die europäische Ombudsfrau hat heute ihre Empfehlung zum Wechsel von Adam Farkas von der Europäischen Bankenaufsicht (EBA) in die Finanzlobby veröffentlicht. Die für ethische Fragen in den EU-Institutionen zuständige Ombudsfrau kommt zu einem glasklaren Ergebnis: Dieser Wechsel zur Großbankenlobby AFME hätte von der EBA nicht genehmigt werden dürfen. Die heutigen Empfehlungen der Ombudsfrau sind ein Meilenstein gegen die Drehtür zwischen öffentlichen Behörden und Lobbyorganisationen. Das ist ein großer Erfolg für meinen langjährigen Kampf gegen einseitigen Lobbyeinfluss. Die EBA muss nun zügig ihre internen Regeln überarbeiten, um solche gravierenden Interessenkonflikte künftig zu verhindern. Wechsel wie der von Farkas zwischen öffentlichen Institutionen und Lobbyorganisationen ohne lange Abkühlungsphase beschädigen das Vertrauen in die Demokratie. Denn wertvolles Insiderwissen wandert direkt von einer öffentlichen Behörde in eine private Interessenvertretung, die europäische Gesetzgebung zu beeinflussen sucht.

 

Alle EU-Institutionen und Behörden sollten sich diese Entscheidung der Ombudsfrau sehr genau anschauen, denn vergleichbare Drehtür-Wechsel sind auch dort eine traurige Realität. Die EU-Kommission sollte einen Gesetzesvorschlag vorlegen, um Interessenkonflikte künftig in allen EU-Institutionen und Agenturen effektiv zu verhindern und die Umsetzung der Personalstatuten sorgfältig überprüfen. Ich werde nun einen Brief an alle einzelnen EU-Institutionen und Agenturen mit der Forderung, diese Empfehlungen der Ombudsfrau selbst umzusetzen und endlich aktiv gegen Interessenkonflikte bei Seitenwechseln vorzugehen.

 

Der ganze Vorgang ist auch für EU-Kommission peinlich. Sie hat den Seitenwechsel von Adam Farkas geduldet. Ihre Position zur Durchsetzung des Verbots von Interessenskonflikten bei Seitenwechseln im EU-Personalstatut war jedoch denkbar schwach. Denn regelmäßig lässt die EU-Kommission beim eigenen Personal fragwürdige Seitenwechsel zu. Hier ist EU-Kommission nun ihrerseits gefordert, das EU-Personalstatut endlich konsequent anzuwenden.

 

Am ersten Februar diesen Jahres hat Adam Farkas seinen neuen Job bei der Lobbyorganisation der großen Banken und Kapitalmarktakteure (AFME) angetreten. Der Rat der Aufseher der EBA hatte diesen Wechsel unter laxen Auflagen genehmigt und die Entscheidung auch nach Aufforderung des Europaparlaments zur Revision nicht zurückgenommen. Die Resolution des Europaparlaments zum Wechsel von Farkas ist auf Initiative des niederländischen Sozialdemokraten Paul Tang und mir entstanden. Die Entscheidung der EBA zu Farkas Wechsel kann zum heutigen Zeitpunkt nicht mehr rückgängig gemacht werden. Als Nachfolger für Farkas hatte die EBA mit Gerry Cross einen Kandidaten vorgeschlagen, der selbst eine ausgiebige Lobbyvergangenheit hat, auch bei AFME. Diesen Kandidaten hat das Europaparlament durchfallen lassen, um weiteren Reputationsschaden von EU-Behörden abzuwenden.

 

Die Beschwerde zum Fall Farkas bei der Ombudsfrau wurde im Januar durch die NGO-Gruppe Change Finance gemeinsam mit einigen Abgeordneten inklusive mir eingereicht. In ihrer heutigen Empfehlung erklärt die Ombudsfrau, dass die EBA den Wechsel von Farkas in die Lobby ein Verwaltungsmissstand darstellt und nicht hätte genehmigen dürfen. Ein Verbot wäre die notwendige und verhältnismäßige Maßnahme gewesen. Die Auflagen der EBA waren zu schwach und nicht ausreichend kontrollierbar, um einen Interessenkonflikt zu verhindern und vertrauliche Informationen der Bankenaufsicht zu schützen. Wenn nicht einmal dieser Fall ein Verbot rechtfertigen würde, so würde es überhaupt kein Fall rechtfertigen, so O’Reilly. Außerdem hat die EBA nicht rechtzeitig die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen getroffen als sie von geplanten dem Wechsel erfuhr, um vertrauliche Informationen zu schützen.

 

O’Reilly empfiehlt der EBA, geplante Wechsel leitender Angestellter in die Lobby künftig für einen Zeitraum von beispielsweise zwei Jahren zu verbieten, wenn Interessenkonflikte vorliegen. Zudem soll die EBA mit Kriterien klarstellen, wann solche Wechsel in Zukunft verboten werden sollen und interne Verfahren einrichten, um bei geplanten Wechseln vertrauliche Informationen zu schützen. Das in solchen Fällen oftmals angeführte Recht auf Arbeit als Rechtfertigung für jegliche Drehtür-Wechsel lässt die Ombudsfrau nicht gelten. Es muss gegenüber dem öffentlichen Interesse abgewogen werden. Eines kann ich versprechen: Ich lasse bei all dem nicht locker.

 

Mit grünen europäischen Grüßen,

Sven Giegold

 

Mehr zum Seitenwechsel von Adam Farkas/Gerry Cross:

https://sven-giegold.de/cross-als-eba-chef-abgelehnt/

 

Resolution des Europaparlaments zu Farkas’ Wechsel: https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-9-2020-0017_EN.html

 

Entscheidung der Ombudsfrau (Englisch): https://www.ombudsman.europa.eu/en/recommendation/en/127638

Rubrik: Demokratie & Lobby

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