Sven Giegold

Grüner 10 Punkte Plan gegen Steuervermeidung von Großunternehmen in Europa

Jetzt müssen EU-Kommissionspräsident Juncker und Finanzminister Schäuble allen beweisen, dass sie die Interessen der europäischen Bürger vor steuervermeidende Großunternehmen und Steueroasen stellen. Die Vorschläge sind längst da. Bislang fehlte der politische Wille. Die Gelegenheit von „Luxemburg-Leaks“ darf nicht ungenutzt bleiben. Politische Tatenlosigkeit würde den Europafrust unverantwortlich verstärken. Daher ist hier der Grüne 10-Punkte-Plan gegen aggressive Steuervermeidung in Europa:

 

A. Durchsetzung bestehender Steuer-Gesetze

1. Luxemburg-Leaks auswerten und ungenehmigte steuerliche Beihilfen zurückfordern

Luxemburg, die Niederlande und Irland haben mit Großkonzernen spezielle Deals ge­schlossen, damit diese sich dort ansiedeln. Viele davon dürften illegale Beihilfen sein. Diese müssen von den Unternehmen konsequent zurückgefordert werden. Dafür muss auch das nötige Personal abgeordnet werden. Bisher prüfen nur 8 MitarbeiterInnen in der EU-Kommission die tausenden Deals.

 

2. Betrug bei EU-Haushaltsbeiträgen unterbinden

Sollte sich der Verdacht erhärten, dass die Steuerdeals messbare Auswirkungen auf die Beitragszahlungen der Mitgliedsstaaten zum EU-Haushalt gehabt haben, sollte die Möglichkeit einer Untersuchung durch das Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung OLAF geprüft werden.

 

3. Durchgreifen gegen Steuertricks auch in Mitgliedstaaten

Viele Unternehmen haben allein zum Zweck der Steueroptimierung Gesellschaften in verschiedenen Mitgliedsstaaten gegründet. Sollte eine Prüfung dieser Praxis ergeben, dass dies nicht erlaubt ist, müssen die nationalen Behörden in ihren Zuständigkeitsbereichen Untersuchungen starten.

 

B. Mehr Steuertransparenz

4. Volle Transparenz für Unternehmensgewinne

Modelle zur aggressiven Steuergestaltung verschleiern, wo Gewinne erwirtschaftet werden. Wichtiges Gegenmittel ist deshalb die Transparenz Land für Land (“country by country-reporting”) über Gewinn, Steuern, Umsätze, Zahl der Arbeitnehmer, etc.

 

5. Transparenz per Gesetz statt Leaks zu Steuerdeals

Alle Sonderabsprachen zwischen Konzernen und den Finanzämtern der Mitgliedstaaten sollen künftig veröffentlicht werden, damit keine ungerechte Bevorzugung mehr stattfindet. Dafür muss nur die bestehende EU-Richtlinie zur Rechnungslegung von Unternehmen angepasst werden.

 

6. Klarheit bei Unternehmensanteilen: Was gehört wem

Einkommen wird zu oft in Stiftungen und komplizierten Besitz-Strukturen versteckt. Wir brauchen endlich das öffentliche Register aller wirtschaftlichen Eigentümer aller Gesellschaften. Das Europaparlament hat das als Teil der anti-Geldwäsche-Richtlinie bereits beschlossen. Wir warten auf die Zustimmung der Finanzministerinnen und Finanzanminister.

 

C. Steuerharmonisierung statt unfairem Steuerwettbewerb

7. Gesetzeslücken bei der Körperschaftsteuer schließen

Die Mutter-Tochter-Richtlinie, die Richtlinie über Zinsen und Lizenzgebühren und die Fusionskontrollrichtlinie müssen überarbeitet werden um alle bestehenden Lücken zu schließen. Die Entlastung der doppelten Gewinnbesteuerung soll nur zugestanden werden, wenn ein Mindeststeuersatz entrichtet wurde.

 

8. Steuerumgehung über außereuropäische Steueroasen verhindern

Sind innerhalb der EU erst einmal alle Lücken gestopft, müssen Wege über Drittstaaten auch verhindert werden. Dafür sollten der automatische Austausch von Steuerdaten zwischen Regierungen der Mitgliedsstaaten wasserdicht gemacht werden und Doppelbesteuerungsabkommen zwischen EU-Ländern und Drittstaaten auf gemeinsamen Standards gebracht werden.

 

9. Einheitliche Bemessungsgrundlage für die Unternehmensteuer

Bisher unterscheidet sich von Land zu Land, worauf Unternehmen Steuern zu entrichten haben. Eine gemeinsame konsolidierte Körperschaftssteuer-Bemessungs­grundlage (GKKB) verhindert, dass Unternehmen Gewinne in Steueroasen verschieben. Für grenz­überschreitend aktive Großunternehmen soll sie verpflichtend eingeführt werden.

 

10. Mindeststeuersätze für die EU-Unternehmenbesteuerung

Wie bereits bei der Mehrwertsteuer erfordert der EU-Binnenmarkt Mindestregeln, um den Wettbewerb nicht unfair werden zu lassen. Diese Steuersätze können sich nach Wohlstand der Mitgliedsländer unterscheiden, aber durch einen Mindestsatz kein Dumping mehr erlauben.

Rubrik: Wirtschaft & Währung

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