Die Europäische Kommission stellt heute eine erneute Revision der Verordnung über Ratingagenturen vor. Es ist bereits der dritte Versuch der Regulierung der Marktmacht der drei großen Agenturen. Die erste Verordnung stellte die vorher unregulierten Ratingagenturen unter Aufsicht. Die folgende Revision stellte die Agenturen als erste Finanzmarktakteure überhaupt unter europäische Direktaufsicht. Allerdings ist die Arbeit bei den größten Agenturen noch nicht von den Mitgliedsländern auf die zuständige Behörde ESMA übergegangen. Zudem wurde das emittenten-finanzierte Geschäftsmodell und die Marktmacht der Ratingagenturen bislang nicht verändert. Das Europaparlament forderte in einem Initiativbericht zum Thema weitreichende Reformen.
Sven Giegold, finanz- und wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament erklärt zur Vorstellung des Kommissionsentwurfs:
„Die Vorschläge der Kommission sind mutlos und werden der ernsten Lage an den Märkten nicht gerecht. Wöchentlich erschüttern die Urteile und selbst fehlerhaft veröffentlichte, geplante Urteile von drei Ratingriesen die Finanzierung europäischer Staaten. Hochkonzentrierte Marktmacht gehört jedoch nicht in eine soziale Marktwirtschaft. Oligopole sind dagegen Gift für Demokratie und Wirtschaft. Die Vorschläge der Kommission zur Stärkung des Marktzugangs kleinerer Agenturen sind sinnvoll. Sie reichen jedoch nicht aus, um die Marktstruktur ausreichend zu verändern.
Deshalb ist es völlig unverständlich, dass die Kommission auf die Forderung des Europäischen Parlamentes nicht eingegangen ist, eine unabhängige, gemeinwohlorientierte Europäischen Ratingstiftung auf den Weg zu bringen. Damit gäbe es eine Alternative zum „issuer-pays“ basierten Finanzierungsmodell der meisten Ratings, ohne die Nachteile der politischen kontrollierten staatlichen Ratingagentur.
Zwar enthält der Vorschlag positive Elemente wie Rotation, striktere Regeln zur Unterbindung von Interessenkonflikten und Haftung, sowie eine Stärkung ESMAs, auch in Bezug auf Eingriffe bei Ratings von Staatsschulden. Der grosse Wurf ist aber ausgeblieben. Wir werden uns im Parlament für eine konsequente Regulierung der Ratingagenturen einsetzen. Dabei hoffe, ich weiterhin auf breite, fraktionsübergreifende Unterstützung.“
Den beschlossenen Entschließungsantrag des Europaparlaments finden Sie hier.