Sven Giegold

Reform der Wirtschafts- und Währungsunion: Kleine Schritte machen den Euro nicht stabil

In der heutigen Eurogruppe sollen die Finanzminister der Euroländer die Vorentscheidungen für die lange aufgeschobene Reform der Wirtschafts- und Währungsunion fällen. Dies ist der letztmögliche Termin vor der Europawahl im Mai, damit die Staats-und Regierungschefs die Entscheidungen noch beim Eurogipfel am 14. Dezember absegnen können. Die Finanzminister werden sich voraussichtlich nur auf minimale Kompromisse zur Letztsicherung der Bankenabwicklung, Anpassungen der Kreditlinien des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) und eine Absichtserklärung zur Zusammenarbeit von ESM und EU-Kommission einigen können. Eine tiefgreifende Reform der Wirtschafts- und Währungsunion und neue Instrumente wie die gemeinsame Einlagensicherung oder der Eurozonenhaushalt zur fiskalpolitischen Stabilisierung sind damit erstmal vom Tisch. Auch die ambitionierte Weiterentwicklung des bisher zwischenstaatlichen ESM zu einem EU-Währungsfonds innerhalb des EU-Rechtsrahmens bleibt damit aus.

Dazu sagt der wirtschafts- und finanzpolitische Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament, Sven Giegold:

“Die heutigen Beschlüsse der Eurogruppe sind besser als nichts. Angesichts der schweren Konflikte zwischen den Staaten der Eurozone muss man über jeden Schritt dankbar sein. Eine krisenfeste Währung bekommen wir durch die vorsichtigen Reformen aber nicht. Der Deal bleibt auch weit hinter dem Anspruch des Koalitionsvertrags von CDU, CSU und SPD zurück. Eine Letztsicherung für die Bankenabwicklung und Verbesserungen der ESM Kreditlinien sind grundsätzlich richtig, aber für eine effektive Krisenbekämpfung völlig unzureichend. Die Eurozone braucht zur starke Instrumente zur antizyklischen Stabilisierung des Euroraums. Ein finanzstarker Eurozonenhaushalt für gemeinsame Investitionen in europäische öffentliche Güter, eine gemeinsame Arbeitslosenversicherung oder eine gemeinsame Unternehmenssteuer sucht man in dem Vorschlag vergeblich. Ansonsten könnte die nächste Krise die Eurozonenländer genauso hart treffen wie die letzte. Auch die europäische Demokratie soll in der Eurozone schwach bleiben. Ein europäischer Finanzminister als Vorsitzender der Eurogruppe ist gescheitert.

Der andauernde Reformstau ist Wahlkampfhilfe für die Euroskeptiker, spätestens wenn in der nächsten Krise mangels solider Institutionen wieder die Schwächsten die Zeche zahlen. Der verfehlte große Wurf geht auch auf das Konto der Bundesregierung, die die nötigen Reformen der Wirtschafts- und Währungsunion in Brüssel seit Jahren blockiert. Dabei profitiert Deutschland wirtschaftlich überdurchschnittlich vom Euro. Deutschland muss endlich runter von der Bremse bei der Schaffung eines demokratisch legitimierten europäischen Währungsfonds, eines finanzstarken Eurozonenhaushalts und einer gemeinsamen Einlagensicherung, die gleichzeitig die Institutssicherungssysteme kleiner Banken schützt. Eine andauernde Blockadehaltung Deutschlands untergräbt die eigene Glaubwürdigkeit und setzt die Zukunft der gemeinsamen Währung aufs Spiel.”

Rubrik: Wirtschaft & Währung

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