Heute hat das Europäische Parlament neue Rechtsvorschriften zur Verbriefung von Wertpapieren verabschiedet, die die Transparenz und Stabilität der Finanzmärkte verbessern sollen. Die Kommission hatte ein neues Label für einfache, transparente und standardisierte (“simple, transparent and standardised” – kurz: STS) Verbriefungen vorgeschlagen, um das Vertrauen in verbriefte Finanzprodukte wieder zu stärken. Die Vorschläge des Europaparlaments für strengere Regeln wurden zunächst von den Konservativen, Liberalen und Euroskeptikern des Europäischen Parlaments und später während des Trilogs vom Rat geschwächt. Der Rat verfolgte dabei noch weniger als die Kommission die Interessen der Finanzmarktstabilität.
Die Verbriefung von Krediten war einer der Haupttreiber der globalen Finanzkrise. Diese Praxis erlaubt es Banken, Kredite zu bündeln, in mehrere Tranchen aufzuteilen und an den Finanzmärkten weiterzuverkaufen. Dies verringert die Transparenz im Finanzsektor und erhöht die Wahrscheinlichkeit von Marktpanik und tiefen Finanzkrisen.
Dazu sagt der wirtschafts- und finanzpolitische Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament, Sven Giegold:
“Heute wurde eine große Chance zur Reduzierung des finanziellen Risikos aus Verbriefungen vertan. Verbriefungen können einen guten Zweck erfüllen, aber nur dann, wenn Risiken vollständig verstanden und schlechte Anreize vermieden werden. Dies ist das jüngste Beispiel für politische Amnesie und Deregulierung in der Finanzmarktregulierung. Die neuen Rechtsvorschriften kommen komplexen Banken und anderen Finanzunternehmen zugute, aber nicht der Realwirtschaft oder den Bürgern. Die neuen Regeln führen nur scheinbar zu mehr Sicherheit, verhindern aber nicht die unkontrollierte Verbreitung wenig verstandener Risiken im Finanzsystem. Neue Verbriefungen machen ohne einen höheren Risiko-Selbstbehalt keinen Sinn.
Es ist ein Armutszeugnis, dass Konservative, Liberale und Euroskeptiker des Europäischen Parlaments gemeinsam mit dem Rat eine Verordnung verhindert haben, die die Risiken aus Verbriefungen wirksam begrenzt und zugleich den Interessen der Finanzbranche Rechnung trägt. Sie sind dabei, die Lehren aus der letzten Finanzkrise zu vergessen. Es sollten Regeln zum Wohle der Bürger und der Realwirtschaft beschlossen werden, nicht zum Nutzen eines überdimensionierten und übermäßig komplexen Finanzsektors. Der einzige Wermutstropfen ist, dass wir eine Verpflichtung zur Veröffentlichung von Informationen über den langfristigen und nachhaltigen Charakter von Verbriefungen erreicht haben.”
Hintergrund
Zu den ehrgeizigen und weitreichenden Vorschlägen der Grünen Fraktion gehörte ein Selbstbehalt von 25%. Damit müssten die Banken ein Viertel der Risiken aus verbrieften Krediten in ihren Büchern behalten. Dadurch wollten wir sicherstellen, dass die Banken genügend Kreditrisiko selbst tragen und keine übermäßigen Risiken eingehen, für die sie dann nicht haften müssen. Die Initiative wurde von dem Berichterstatter der S&D-Fraktion Paul Tang unterstützt, aber schließlich vom konservativen Flügel des Europäischen Parlaments verhindert. Damit bleibt der Status quo einer ungenügenden Selbstbehaltsquote von 5% bestehen, was zum Entsorgen von Risiken bei anderen Marktteilnehmern einlädt.
Wir haben vergeschlagen, es für Banken unattraktiver zu machen in Verbriefungen anderer Banken zu investieren, indem für solche Investitionen ein um 50 % höheres Risikogewicht abgesetzt wird. Das hätte Ansteckungsrisiken bei Finanzkrisen vermindert. Außerdem sollten Banken künftig die Risikogewichte von “einfachen” Verbriefungen nur nach einer standardisierten Methode berechnen dürfen, statt mit ihren eigenen Modellen. Ein weiterer Vorschlag sahen vor, dass Banken bei einer „einfachen“ Verbriefung nur noch höchstens drei Tranchen erstellen dürfen. Weiterhin setzten wir uns für ein Ende von Weiterverbriefungen ein. Dabei werden Verbriefungen selbst zu noch komplexeren und intransparenten Finanzprodukten gebündelt.
All dies wurde von den Konservativen, Liberalen und Euroskeptikern des Europäischen Parlaments verhindert, so dass dieses EU-Gesetz keine Fortschritte für Stabilität und Transparenz auf den Finanzmärkten bringt.