Sven Giegold

Steuerabgeltungsabkommen zwischen Griechenland und der Schweiz: Strafverfolgung ist besser als Steueramnestie

Am gestrigen Donnerstag haben Vertreter der schweizerischen und der griechischen Regierung die Gespräche über ein bilaterales Steuerabgeltungsabkommen wieder aufgenommen. Im Februar 2014 hatte die schweizerische Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf ein Abkommen vorgeschlagen, das Griechenland bislang ablehnte. Die Schweizer Nationalbank schätzt, dass griechisches Vermögen in Höhe von 800 Millionen Franken (762 Millionen Euro) in der Schweiz lagert. Ein unbekannter viel größerer Betrag ist bislang nicht als Griechisches Vermögen offiziell erfasst. Ein großer Teil davon ist unversteuertes Schwarzgeld.

Die Wiederaufnahme von Verhandlungen zu einem griechisch-schweizerischen Abgeltungsabkommen kommentiert Sven Giegold, finanz- und wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament:

 

“Das Angebot der Schweiz ist vergiftet. Ein Abkommen, das eine faktische Amnestie für Steuersünder beinhaltet, darf Griechenland nicht annehmen. Die so genannte anonyme Regularisierung von Altlasten ist nichts anderes als das Weißwaschen von Schwarzgeld. Deutschland hat das Abgeltungsabkommen mit der Schweiz zurecht aus eben diesem Grund abgelehnt. Dasselbe muss auch für Griechenland gelten.

Die neue griechische Regierung hat versprochen, Steuerflüchtlinge vor Gericht zu stellen. Sie kann das, denn sie gehört nicht zu der korrupten Elite ihres Landes und hat damit die Chance, das abgewirtschaftete griechische Steuersystem umzukrempeln. Nimmt sie das vergiftete Schweizerische Angebot an, verspielt sie ihre Glaubwürdigkeit im Kampf gegen Steuersünder. Dabei ist Korruption im nicht funktionierenden Staatsapparat genau der Grund für die Krise Griechenlands. Hier muss die griechische Regierung ansetzen. Die Straffreiheit für millionenschwere Steuerhinterzieher gegen ein paar Silberlinge wäre ein Bärendienst für die Versöhnung der Bürger mit dem Rechtsstaat. Der Zweck heiligt eben nicht die Mittel.

Griechenland hat eine bessere Alternative: Die bestehenden Spuren für Steuerflucht konsequent verfolgen und Ermittlungsverfahren einleiten. Durch die Lagarde-Liste mit über 2000 Steuerflüchtlingen bei der HSBC, die Griechischen Daten aus den von den deutschen Bundesländern angekauften Steuer-CDs und Erkenntnissen aus Griechenland hat die Steuerverwaltung bereits viele Anhaltspunkte. Damit ist der Rechtsstaatlichkeit und Gleichheit vor dem Recht besser gedient, als durch die Pauschallösung mit der Schweiz.

Anstatt Griechenland ein vergiftetes Abgeltungsabkommen anzubieten, sollte die Schweiz endlich wirksame Amtshilfe leisten. Solange sich die schweizerischen Behörden weigern, Informationsn aus Steuer-CDs zur Begründung eines Verdachts auf Steuerhinterziehung zuzulassen, ist die Amtshilfe regelmäßig wirkungslos. Die Begrenzung der Amtshilfe auf Verdachtsfälle seit Inkrafttreten des revidierten Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) 2011 ist ein weiteres Hindernis für Griechenland, hinterzogene Steuern einzutreiben. Die Schweiz muss Nägel mit Köpfen machen und das bestehende DBA schleunigst ändern. Eine effektive Amtshilfe kann beides: Geld in die leeren Kassen spülen und eine Strafverfolgung für die Vergangenheit garantieren.

Mit dem Problem der Steuerflucht ist Griechenland nicht allein. Will der Staat Schulden abbauen und in sozialen Zusammenhalt investieren, braucht er Einnahmen. Steuerflucht und Steuervermeidung sind in Europa zu einfach, die nationale Steuerpolitik kann das Problem allein nicht lösen. Die Zeit bilateraler Abkommen hat in einer globalisierten Welt mit grenzüberschreitenden Kapitalströmen keine Zukunft. Wir brauchen einen Europäischen Steuerpakt, der unfairem Steuerwettbewerb und Steuerdumping innerhalb der EU einen wirksamen Riegel vorschiebt.”

Rubrik: Wirtschaft & Währung

Bitte teilen!