Sven Giegold

Wahl des EU-Parlamentspräsidenten: Antonio Tajani würde dem Ansehen des EU-Parlaments schaden

Die Nominierung der EVP-Fraktion von Antonio Tajani (Forza Italia) zum Kandidaten für das Amt des EU-Parlamentspräsidenten sowie den morgigen EU-Gipfel kommentiert Sven Giegold, Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Europäischen Parlament:

 

Tajani würde dem Ansehen des EU-Parlaments schaden

“Antonio Tajani ist nicht wählbar. Manfred Weber hat einen Brückenbauer als Kandidaten angekündigt und eine Reizfigur geliefert. Es schadet dem Ansehen des EU-Parlaments, wenn an der Spitze jemand steht, der den Dieselmanipulationen der Autoindustrie jahrelang tatenlos zugesehen hat. Ein umweltpolitischer Schmutzfink ist in Zeiten der Klimakrise im Amt des Parlamentspräsidenten völlig fehl am Platz. Als Parteigenosse Berlusconis hat Tajani ein populistisches Parteibuch. Auch die anderen Fraktionen haben keine überzeugenden Kandidaten nominiert. Bei der Wahl des Parlamentspräsidenten ist eine Blockade absehbar. Das erhöht die Chancen für Kandidatinnen und Kandidaten, die bisher nur wenige auf dem Zettel haben.”

 

EU-Gipfel blendet wirtschaftliche Probleme und soziale Spaltung aus

“Der EU-Gipfel blendet die soziale Spaltung und wirtschaftlichen Probleme in Europa aus. Die europäischen Regierungen springen zu kurz, wenn sie Europa zu einer Sicherheitsunion machen, aber soziale Ungleichheiten und den Investitionsstau außer Acht lassen. Zwar ist der gemeinsame Schutz vor Terrorismus eine zentrale Aufgabe unserer Zeit. Aber Europa wird über die Sicherheitspolitik und die Abschottung der Außengrenzen kein positives Gemeinschaftsgefühl entwickeln können. Die derzeitige Kritik an Europa bezieht sich nicht nur auf mangelnde Sicherheit, sondern auch auf mangelnde soziale Gerechtigkeit und ökonomische Spaltung. Die einseitige Tagesordnung des Gipfels wird den vielseitigen Herausforderungen in Europa nicht gerecht. Wer den grassierende Rechtspopulismus in Europa bekämpfen will, muss Lösungen für die hohe Arbeitslosigkeit, den Investitionsstau und strukturelle Schwäche ganzer Regionen liefern.  Um Vertrauen zurückzugewinnen, muss Europa nicht nur Sicherheitsunion sondern auch Investitionsunion werden – notfalls in der Zusammenarbeit eines Teils der Mitgliedsländer. Die Tagesordnung des EU-Gipfel ist einseitig und auf dem sozialen Auge blind. Bekenntnisse zu begrenzt wirksamen Instrumenten wie dem Juncker-Fonds EFSI und der Jugendgarantie schaffen hier keine Abhilfe.”

 

Einen Leak der Abschlusserkärung des Europäischen Rates finden Sie hier:

http://www.politico.eu/wp-content/uploads/2016/12/SPOLITICO-16121319360.pdf