Sven Giegold

Versicherungsvertrieb: Europaparlament will Provisionen offenlegen und Verbraucherschutz stärken

Mit ihrem Richtlinienvorschlag zur Versicherungsvermittlung (Eurosprech: “Richtlinie über Versicherungsvermittlung – IMD II) will die EU-Kommission die Rechte der VerbraucherInnen beim Erwerb einer Versicherung stärken. Ihre Kernforderung: Licht in die Provisionszahlungen bringen, die beim Verkauf einer Versicherung an den Vermittler fließen. Damit rücken auch für Versicherungen Transparenzregeln näher, die für Investmentfonds und andere Anlageprodukte unter MiFID I bereits gelten.

Das Europaparlament wird im Februar seine Position im Plenum abstimmen, um die Verhandlungen mit Rat und Kommission auf einer breiten demokratischen Grundlage beginnen zu können. Der Rat muss seine Position noch finden, hat allerdings im Zuge der nun abgeschlossenen MiFiD II-Verhandlungen zugesagt, die Verhandlungen zügig aufzunehmen.

Sven Giegold, wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher und Schattenberichterstatter der Grünen im Europaparlament kommentiert das Abstimmungsergebnis:

„Der Wirtschafts- und Währungsausschuss (ECON) des Europaparlaments hat heute die Rechte der Verbraucher im Versicherungsvertrieb europaweit gestärkt. Eine breite Mehrheit unterstützt die Provisionen an Vermittler und andere Kosten offenzulegen. Damit kommt mehr Licht in die hohen Kosten beim Versicherungsvertrieb. Die Abgeordneten wollen konkrete Zahlen sehen, die verdeutlichen wieviel ein Vermittler beim Verkauf eines Produkts verdient. Außerdem sollen insbesondere bei Versicherungsanlageprodukten (z. B. Lebensversicherungen) neben den Provisionen auch alle weiteren verbundenen Kosten offengelegt werden.

Außerdem wollen die Parlamentarier das Dickicht der Koppelungsgeschäfte entflechten. Bei kombinierten Produkten, wie beispielsweise Hausratversicherungen, sollen die Vermittler ihre Kunden auch über die Preise der einzelnen Bestandteile informieren. Schön verpackte Versicherungsgurken, die oft Leistungen mit wenig Nutzen für den Kunden enthalten, sollen so vom Markt verschwinden.

Diese Regeln waren nach starkem Druck der Versicherungslobby hoch umstritten. Vor allem konservative und liberale Abgeordnete hatten Änderungsanträge gegen die Interessen der Versicherten eingereicht. Seit Monaten engagiert sich die Branche, um Transparenz und Verbraucherschutz abzuwehren. Somit ist es erfreulich, dass das Europaparlament nun die von der EU-Kommission geplanten Verbesserungen des Verbraucherschutzes etwa in aufrecht erhält und die Versicherungslobby in ihre Schranken weist.

Auch für das Vorhaben gemeinsame Spielregeln für die wichtigsten Finanzprodukte zu schaffen, hat der ECON-Ausschuss heute die Tür geöffnet. Der für die IMD-Richtlinie zuständige Berichterstatter Werner Langen (CDU) hat zugesagt, vor der Plenumsabstimmung fraktionsübergreifende Änderungsanträge mit folgendem Ziel einzureichen: Für Produkte wie Lebensversicherungen (sog. Versicherungsanlageprodukte) sollen zukünftig die gleichen Regeln gelten, wie für Finanzprodukte, die unter die MIFID-Regeln fallen. Das ist nochmals ein grosser Schritt für mehr Anlegerschutz.

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IMD II – wichtigste Punkte der ECON-Position

– Offenlegung der Provisionszahlungen und Kosten für Versicherungsprodukte (Art. 17.1, 17.3 u. 4, Art. 18): Insbesondere bei Versicherungsanlageprodukten (z. B. Lebensversicherungen) sollen neben den Provisionen auch alle weiteren verbundenen Kosten offengelegt werden. Bei kleineren Versicherungen (z. B. Restschuldversicherungen) werden die wichtigsten Kosten, bspw. bei vorzeitiger Auflösung des Vertrags, offengelegt

– Einschränkung der Koppelungsgeschäfte („tying“) (Art. 21.1): inkl. Offenlegung der Preise der enthaltenen Einzelprodukte

– Offene Tür für gemeinsame Spielregeln für die wichtigsten Finanzprodukte (Recital zu Art. 25): Zusage des für die IMD-Richtlinie zuständigen Berichterstatter Werner Langen (CDU) hat zugesagt, vor der Plenumsabstimmung fraktionsübergreifende Änderungsanträge mit folgendem Ziel einzureichen: Für Produkte wie Lebensversicherungen (sog. Versicherungsanlageprodukte) sollen zukünftig die gleichen Regeln gelten, wie für Finanzprodukte, die unter die MIFID-Regeln fallen.

– Effektiver Anwendungsbereich der IMD II (art. 1.2f): Versicherungsprodukte mit einer Jahresprämie von mehr als 600 Euro fallen unter die IMD II, auch wenn eine geringere Prämie auf das Jahr hochgerechnet („pro Rata“) den Schwellenbetrag von über 600 Euro erreicht

Rubrik: Meine Themen, Wirtschaft & Währung

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