Sven Giegold

Grüne Vorschläge für die überfällige Regulierung für Bitcoin, Libra und Co.

Liebe Freundinnen und Freunde,
liebe Interessierte,

seit Jahren werden digitale Währungen wie Bitcoin im großen Stil für illegale Zwecke genutzt. Laut Studien entfällt fast die Hälfte der Bitcoin-Umsätze auf Aktivitäten wie Geldwäsche oder den Handel mit illegalen Gütern wie Drogen, Waffen, geschützte Tiere und Pflanzen, selbst Kinderpornographie. Dabei ist Bitcoin nur der populärste Vertreter der über 5.000 existierenden sogenannten “Krypto-Assets”. Ein erheblicher Anteil davon sind erwiesenermaßen Betrugsfälle, die Anleger um ihr real erspartes Geld bringen. Gleichzeitig bieten digitale Währungen und Krypto-Assets mit der dahinter liegenden Blockchain-Technologie große Chancen für transparente, offene und kostengünstigere Finanzmärkte. Trotzdem trauten sich die europäischen Gesetzgeber in den letzten Jahren nicht an eine strikte Regulierung von Bitcoin & Co. heran. Es gleicht deshalb einem überfälligen Tabubruch, wenn das Europaparlament jetzt fordert, hier endlich einen bindenden und umfassenden Rechtsrahmen zu schaffen.

Mit einem sogenannten “legislativen Initiativbericht” setzt das Europäische Parlament ein starkes Signal, mit der Regulierung von Krypto-Assets endlich Ernst zu machen. Dabei verfolgen wir zwei Ziele: Erstens, soll ein gesetzlicher Rahmen die Chancen von “Krypto-Assets” erschließen und fördern. Zweitens, fordern wir Grüne, dabei die Risiken genau in den Blick zu nehmen. Vor allem der bessere Schutz von Verbraucher*innen und das rigorose Unterbinden von kriminellen Aktivitäten sollten dabei im Vordergrund stehen. Daneben sehen wir die Gefahr, dass zukünftige globale virtuelle Währungen wie Facebooks Libra die existierenden Geldsysteme unterlaufen und so neue systemische Risiken erzeugen. Zu guter Letzt haben viele existierende Krypto-Assets einen enormen Stromverbrauch und somit einen desaströsen ökologischen Fußabdruck, der in keinem Verhältnis zu ihrem fraglichen Nutzen steht.

Natürlich begrüßen wir Grünen es, wenn durch digitale Innovation Finanzdienstleistungen für die Verbraucher*innen besser oder günstiger werden. Dabei dürfen aber Verbraucher- und Anlegerschutz nicht unter die Räder geraten. Es ist deshalb wichtig, dass sich auch neue Anbieter an die bestehenden Spielregeln halten.

Für folgende Punkte setzen wir Grünen uns besonders ein:

Stärkere Geldwäscheprävention
Die Lücken in der 5. EU-Geldwäscherichtlinie (AMLD 5) müssen geschlossen werden. Bisher unterliegen nur die Anbieter von Wechselgeschäften zwischen Krypto-Assets und normalen Währungen den Geldwäscheregeln. Diese müssen auf alle Dienstleister im Bereich Krypto-Assets, insbesondere auf Krypto-zu-Krypto-Tauschstellen und Wallet-Anbieter, die Krypto-Assets für ihre Kunden verwahren, ausgedehnt werden.
Es muss sichergestellt sein, dass alle Anbieter das Know-Your-Customer-Prinzip (KYC), also die verpflichtende Kundenauthentifizierung, effektiv und lückenlos umsetzen. Insbesondere soll die Europäische Kommission nach Möglichkeiten suchen, um dies auch bei Anbietern von außerhalb der EU zu gewährleisten, die innerhalb der EU Dienstleistungen im Zusammenhang mit Krypto-Assets anbieten. Außerdem sollen Anbieter die Vorgaben nicht durch die Verwendung von Techniken wie Tumblern oder Mixern, die Transaktionspartner mittels kryptographischer Methoden verschleiern, unterlaufen dürfen.

Gleiche Regeln bei gleichem Risiko
Die Regeln sollen sich nicht an der eingesetzten Technik orientieren. Stattdessen muss immer im Vordergrund stehen, welchen ökonomischen Zweck ein Krypto-Asset hat und welche Risiken dabei entstehen. Wenn beispielsweise Krypto-Assets wie Investmentfondsanteile oder Wertpapiere funktionieren, müssen sich Anleger darauf verlassen können, dass dieselben Regeln zum Investorenschutz gelten. Daher ist es essentiell, dass Krypto-Assets, die einem traditionellen regulierten Finanzprodukt ähneln, auch in vollem Umfang den bestehenden Anforderungen unterliegen.

Strenge Anforderungen an Stablecoins
Stablecoins sind Krypto-Assets, die einen festen Wechselkurs gegenüber einer normalen Währung, etwa dem Euro, oder einem Währungskorb versprechen. Wir wollen, dass solche Krypto-Assets mindestens die Anforderungen der E-Geld-Richtlinie erfüllen. Insbesondere sollen Nutzer*innen jederzeit die Stablecoins beim Herausgeber zum versprochenen Nennwert zurücktauschen können. Bei globalen Stablecoin-Projekten sollen zusätzliche Anforderungen gelten, um die systemischen Risiken begrenzen.

Virtueller Euro durch die EZB
Ein virtueller Euro könnte den Bürger*innen Europas Zugang zu günstigen, schnellen und sicheren Transaktionen bieten. Wir würden es daher ausdrücklich begrüßen, wenn die Europäische Zentralbank die mögliche Einführung von digitalem Zentralbankgeld in Auswirkungsstudien untersucht.

Einheitliche europäische Aufsicht
Für Aktivitäten und Dienstleistungen im Zusammenhang mit Krypto-Assets soll in der EU eine einheitliche Aufsichtsbehörde zuständig sein und es soll ein einheitliches Regelwerk (Single Rulebook) gelten. Sämtliche Anbieter von solchen Dienstleistungen sollen zentral registrierungspflichtig sein.

Im Vorfeld hatten wir Expert*innen um Anregungen für den Legislativbericht gebeten, die zahlreich eingegangen sind. Allen Beitragenden an dieser Stelle herzlichen Dank. Über weiteres Feedback freue ich mich natürlich auch.

Mit grünen europäischen Grüßen
Sven Giegold

 

Der Berichtsentwurf des Berichterstatters Ondřej Kovařík:
https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/ECON-PR-650539_EN.html?redirect 

Unsere Änderungsanträge zum Berichtsentwurf:
https://sven-giegold.de/ams-to-inl-digital-finance-final/

 

 

P.S.: EINLADUNG – Webinar “Welche Regeln brauchen wir für die Lobbymacht?” am Do 9.7. 18-19.30 Uhr. Mit dabei stv. SPD-Vorsitzender Kevin Kühnert, LobbyControl-Campaignerin Christina Deckwirth und Daniel Freund, MdEP und ehemaliger EU-Mitarbeiter von Transparency International. Gleich hier anmelden!

Rubrik: Europaparlament, Wirtschaft & Währung

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