Sven Giegold

Whistleblower: Barleys Blockade schützt Betrüger statt Hinweisgeber

Justizministerin Katarina Barley besteht bei Whistleblowern weiter darauf, dass sie zuerst eine internen Meldung in ihrer Firma oder Behörde machen. Nur so soll die neue EU-Richtlinie ihnen Schutz garantieren. Erst im zweiten Schritt sollen sie sich an Aufsichtsbehörden und im dritten Schritt an Presse und Öffentlichkeit wenden dürfen (“dreistufiges Verfahren”). Ministerin Barley hat diese Position in einer Rede im Willy-Brandt-Haus am Wochenende gegen Kritik des grünen Spitzenkandidaten zur Europawahl, Sven Giegold, von NGOs, Wettbewerbsbehörden und Presse verteidigt.

 

Heute Abend, Montag, den 4. März, findet der letzte geplante Trilog zwischen Europaparlament, Rat der Mitgliedstaaten und Kommission zur Richtlinie für Whistleblowerschutz statt. Am Mittwoch befasst sich voraussichtlich der Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV) mit dem Thema. Für Montag 11 März ist bereits ein weiteres Trilog-Treffen grob eingeplant, falls es nötig wird.

 

Dazu sagt der Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Europäischen Parlament, Sven Giegold:
“Justizministerin Barley läuft mit ihrer Blockade gegen effektiven Whistleblowerschutz Gefahr, eher Wirtschaftskriminelle und Betrüger zu schützen als Whistleblower. Barleys Festhalten an der Pflicht zur internen Meldung, bevor Whistleblower Missstände öffentlich bekannt machen können, verweigert Whistleblowern effektiven Schutz. Nach dem Vorschlag von Ministerin Barley hätte LuxLeaks-Whistleblower Antoine Deltour monatelang dem Druck von PricewaterhouseCoopers (PwC) oder jahrelanger Unsicherheit vor Gericht standhalten müssen, um auf Rechtsschutz für seinen preisgekrönten Hinweis auf organisierte Steuervermeidung hoffen zu können. Whistleblower monatelang dem Druck ihrer Chefs oder jahrelang der Unsicherheit von Gerichtsverfahren auszusetzen, verspielt das Potential von aufrichtigen Hinweisgebern zum Schutz des europäischen Gemeinwohls vor Rechtsbrüchen.

 

Ministerin Barley sollte ihre Blockade für effektiven Whistleblowerschutz endlich aufgeben und auf die Kritik der europäischen Wettbewerbshüter und NGOs hören. Die sozialdemokratische Spitzenkandidatin Barley darf nicht blockieren, was Sozialdemokraten und Grüne in Brüssel im Parlament gemeinsam verteidigen. Die Regierungen Deutschlands und Frankreichs müssen aufhören eine Einigung zu blockieren, die sonst die Mehrheit Europas will, um das europäische Gemeinwohl besser zu schützen.

 

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HINTERGRUND

 

In den laufenden Verhandlungen zwischen dem Europaparlament, dem Rat der Mitgliedstaaten und der EU-Kommission blockieren vor allem die Regierungen Deutschlands und Frankreichs eine Einigung. Das Europaparlament fordert vollen Schutz für Whistleblower unabhängig davon, über welchen Kanal sie Missstände bekannt machen. Diese Position hat das Europaparlament auf gemeinsamen Druck von Sozialdemokraten und Grünen eingenommen. Die EU-Kommission hatte das dreistufige Verfahren mit der Pflicht zur internen Meldung als Bedingung für Schutz bei öffentlicher Meldung vorgeschlagen. Demzufolge müssen Whistleblower mehrere Monate auf Antwort zuerst in ihrer Firma oder Behörde warten, bevor sie sich an öffentliche Aufseher und nochmals Monate später erst an die Presse wenden können. Eine Ausnahme soll bei Gefahr in Verzug für die Allgemeinheit, für Verdunkelung oder für Repression gegen den Whistleblower gelten. Ob die Ausnahme den Whistleblower wirklich schützt, müssten aber Gerichte in den Jahren nach der Meldung klären. Der Rat hatte das dreistufige Verfahren ebenfalls beschlossen. Eine wachsende Gruppe von Staaten, angeführt von Belgien und Bulgarien, ist aber zum Kompromiss mit dem Parlament bereit. Laut NGOs sind auch Länder, die bisher an der Seite der Bundesregierung stehend, eher zum Kompromiss bereit als aus internen Berichten der Bundesregierung hervorgeht.

Rubrik: Demokratie & Lobby, Klima & Umwelt

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