Heute Morgen haben sich die Verhandlungsführer des Europaparlaments, des Rats der Mitgliedsländer und der EU-Kommission auf einen Kompromiss für eine einheitliche Regeln für die Bankenabwicklung und eine gemeinsame Bankenabwicklungsbehörde geeinigt. Den Abgeordneten ist es gelungen, die Position der Finanzminister vom Dezember 2012 deutlich zu verbessern. Die Grünen haben europarechtliche Bedenken, dass viele der zentralen Regeln in einem intergouvermentalen Abkommen beschlossen werden sollen, ohne dass das Europaparlament gleichberechtigt mitentscheiden konnte. Das Verhandlungsergebnis muss noch im Plenum des Europaparlaments und im Rat bestätigt werden
Sven Giegold, Spitzenkandidat der Grünen für die Europawahl, wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher und Verhandlungsführer der Grünen im Europaparlament kommentiert den Kompromiss:
“Das Europaparlament hat einen einfacheren, europäischeren und effizienteren Bankenabwicklungsmechanismus durchgesetzt. Das Verhandlungsteam konnte die unpraktikablen Vorschläge der Regierungen in vielen zentralen Punkten verbessern. Es ist jedoch nicht gelungen, die Mitgliedsländer davon abzubringen, dass einige zentrale Elemente in einem intergouvermentalen Vertrag beschlossen werden. Dieses Abkommen ist mit geltendem EU-Recht nicht vereinbar und gibt dem Kompromiss einen sehr bitteren Beigeschmack.
Damit schützt das Europaparlament die Steuerzahler besser vor neuen milliardenschweren Rechnung für Pleitebanken. Der beschlossene Abwicklungsmechanismus wird sich zügig zu einem gemeinsamen Abwicklungsfonds entwickeln. Die Entscheidungen fallen in aller Regel europäisch, um den Teufelskreis zwischen Bankschulden und Staatshaushalten durchbrechen.
Der vom Rat vorgeschlagene Prozess zur Entscheidung über Abwicklungsfälle wurde vom Parlament auf eine radikale Diät gesetzt. Das letztendliche Entscheidungsrecht des Rates über einen Abwicklungsfall gibt es nur noch in engen Ausnahmen. Damit ist es dem Europaparlament gelungen, Bundesfinanzminster Schäuble mehr Zugeständnisse abzuringen, als den anderen Mitgliedsstaaten. Seine “Vogel friss oder stirb”-Strategie ist gescheitert.
Teile der endgültigen Regelung wurden aber nicht im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren, sondern in einer intergouvermentalen Übereinkunft beschlossen. Dieses Verfahren ist aus rechtlicher und aus demokratischer Sicht höchst zweifelhaft. Wir Grünen werden daher genau abwägen, ob wir diese Methode gerichtlich überprüfen lassen. Dies ist der zweite Fall, in dem grundlegende zur Regulierung des Finanzsystems und der Wirtschaftspolitik der Eurozone zwischenstaatlich und ohne gleichberechtigte Beteiligung der gewählten Parlamentarier beschlossen wurden. Dies ist ein gefährlicher Präzedenzfall und wir werden es nicht erlauben, dass das Mitentscheidungsverfahren, bei dem Rat und Parlament weiter ausgehöhlt wird.”
Zentrale Verbesserungen:
- Die gemeinsame europäische Bankenaufsicht leitet den Abwicklungsprozess ein, wenn sie der Ansicht ist, dass einer Bank die Zahlungsunfähigkeit droht. Der Rat der Behörde kann die EZB auffordern, die Entscheidung zur Abwicklung zu treffen. Sollte letztere dies ablehnen, kann der Rat selbst entscheiden.
- Die Europäische Kommission wird aufgefordert, Notfallpläne für unterschiedliche Szenarien von Bankenpleiten zu erarbeiten. Der Rat der Mitgliedstaaten wird nur in Ausnahmen die Möglichkeit der Einflussnahme eingeräumt, um unsachliche, politische Einmischung zu minimieren.
- Das Prozedere zur Entscheidungsfindung in Abwicklungsfällen wurde entschlackt. Nun kann die Entscheidung über ein Wochenende getroffen werden.
- Ein wird ein System geschaffen, dass es dem Abwicklungsfonds erlaubt, am Markt Liquidität aufzunehmen. Dadurch wird sichergestellt, dass der Fonds auch in den ersten Jahren handlungsfähig ist.
- Der Fonds soll schnell gemeinschaftlich werden und so auch die Steuerzahler kleinerer Länder rasch vor unangenehmen Rechnungen schützen: 40% im ersten Jahr, 20% im zweiten Jahr und der Rest in gleichen Teilen innerhalb von 6 Jahren. Schon nach 2 Jahren wird der Fonds zu 60% aufgestockt sein.
- Das Parlament hat sich Mitbestimmungsrechte gesichert, welche Banken wie hohe Beiträge in den Fonds zahlen müssen. Die verschiedenen Rechtsakte werden zeitlich gemeinsam vorgeschlagen, so dass das Europaparlament Einfluss ausüben kann.