Sven Giegold

Bericht zur Zukunft der EU: Europaparlament lässt Rat hinter sich

Am Tag des Treffens der Euro-Finanzminister zum griechischen Hilfsprogramm hat das Europaparlament mit breiter pro-europäischer Mehrheit seine Position zum Bericht “Towards a genuine Economic and Monetary Union”, dem so genannten Van-Rompuy-Papier, abgestimmt. Mit diesem legislativen Initiativbericht hat das Europäische Parlament zu zentralen Zukunftsthemen der Eurozone klar Stellung bezogen und ein umfassendes Bündel von EU-Maßnahmen gefordert. Die Kommission muss nun innerhalb eines Jahres einen Gesetzesvorschlag vorlegen, bzw. ihre Gründe gegenüber dem Europäischen Parlament erläutern, falls sie den Forderungen der Abgeordneten nicht folgt.

Sven Giegold, wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament, kommentiert die Plenumsabstimmung des Europäischen Parlaments zum Van-Rompuy-Papier:

“Eine breite Mehrheit der Abgeordneten hat heute eine starke Position verabschiedet, die europäische Auswege aus der Krise aufzeigt. Damit hebt sich das Europaparlament auf konstruktive Weise vom Rat ab, der gegenüber vorherigen Entwürfen des Van-Rompuy-Papiers zurückgerudert ist. Dies gilt insbesondere für die Koordination der Haushaltspolitik und die Harmonisierung von Steuern. Es entspricht dem üblichen intergouvernementalen kleinsten gemeinsamen Nenner, dass der aktuelle Text des Rates den Vorschlag zu EU-Eingriffsrechten bei Überschreitung von Staatsschuldenvereinbarungen zurückgenommen hat. Noch schlimmer ist jedoch, dass konkrete Maßnahmen gegen Steuerdumping genauso fehlen, wie konkrete Fortschritte bei der zinsgünstigen Finanzierung der Altschulden.

Die namentliche Abstimmung im Europaparlament hingegen zeigt eine große Mehrheit für den Vorschlag des deutschen Sachverständigenrats zu einem Schuldentilgungsfonds. Diese breite Mehrheit stimmte in einem legislativen Initiativbericht für niedrige Zinsen für alle Eurostaaten, wenn sie Sicherheiten geben und sich zur Schuldentilgung verpflichten. Es ist ein Vorschlag, der die Lasten der Krisenländer effektiv lindern würde. Während fast alle proeuropäischen EuropaparlamentarierInnen für den Vorschlag stimmten, machten sich viele Abgeordnete der CDU, CSU und FDP einen schlanken Fuß. Sie sind wohl schon im deutschen Wahlkampf, anstatt europäische Verantwortung zu tragen.

Außerdem sollen durch einen Europäischen Sozialpakt die negativen Auswirkungen der Krise durch Maßnahmen bekämpft werden. Dazu gehört eine Europäische Beschäftigungsgarantie für Jugendliche.

Zudem nimmt die Parlamentsposition die Einnahmeseite ins Blickfeld, indem verbesserte steuerpolitische Koordination zum effektiveren Vorgehen gegen Steuerdumping gefordert werden. Eine wichtige Grüne Forderung unterstützt das Parlament hinsichtlich der EU 2020-Ziele, wie Armutsbekämpfung und Klimaschutz: Diese sollen für die Mitgliedsstaaten verbindlich werden und damit die negativen Folgen der Austeritätspolitik begrenzen.

Inkonsequent ist das Europaparlament bei der Reduzierung makroökonomischer Ungleichgewichte, denn konkrete Maßnahmen zur Bekämpfung dieser wesentlichen Krisenursache fehlen.
Trotzdem ist die breite parlamentarische Mehrheit angesichts der Uneinigkeit des Rates ein Signal. Die Regierungen der Mitgliedsländer sind jetzt gefordert, diesem konstruktiven und effektiven Beispiel des Europäischen Parlaments zu folgen.”

Hier ein Vergleich der zentralen Punkte der Position des Europäischen Parlaments mit dem Van-Rompuy-Papier

Hier das Van-Rompuy-Papier (Zwischenbericht)


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