Sven Giegold

EKD: „Wir haben weiter Hoffnung für Europa!“

Gemeinsame Erklärung des Ratsvorsitzenden der EKD und des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz zum 60. Jahrestag der Unterzeichnung der Römischen Verträge

 

Am 25. März 1957 gründeten Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg, Italien und die Niederlande in Rom die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft und die Europäische Atomgemeinschaft. Aus Anlass des 60. Jahrestages der Unterzeichnung der Römischen Verträge erklären der Vorsitzende des Rates der EKD, Heinrich Bedford-Strohm, und der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Kardinal Marx:

„Die Kirchen in Deutschland erinnern an die friedenspolitische Bedeutung der Unterzeichnung der Römischen Verträge vor 60 Jahren. Nur 12 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde hiermit die Grundlage für ein Zusammenwachsen Europas gelegt, das bis heute Frieden und Wohlstand für Europa garantiert und zu einem Symbol freiheitlichen Lebens in der Welt geworden ist.

Dabei war der Erfolg der europäischen Einigung keinesfalls vorgezeichnet. Die Ablehnung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft und der Europäischen Politischen Gemeinschaft haben Europa schon damals an den Rand des Scheiterns gebracht. Die Römischen Verträge waren eine Reaktion auf diesen Rückschlag der europäischen Einigung. Der Mut zu europäischen Lösungen und der politische Wille, auch gegen Widerstände und Uneinigkeit für die gemeinsame Sache zu streiten, sind heute verpflichtender denn je.

Ein solches Signal, die europäische Einigung mutig voranzutragen, sollte auch von den Feierlichkeiten zum 60. Jahrestag der Römischen Verträge ausgehen.

Europa muss Konsequenzen aus den Zerwürfnissen der vergangenen Jahre ziehen und seine derzeitige tiefe Krise überwinden. Die EU ist mehr als die Summe ihrer Mitgliedstaaten. Sie muss für die zahlreichen aktuellen Herausforderungen besser aufgestellt sein und darf sich nicht auseinanderdividieren lassen. Eine engere Zusammenarbeit wäre in vielen Bereichen dringend geboten. So brauchen wir eine faire Handels-, eine solidarische Flüchtlings- und eine abgestimmte Außen- und Sicherheitspolitik. Gleichzeitig sollte die EU ihr soziales Profil schärfen und den Bürgerinnen und Bürgern besser vermitteln, dass sie zur Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse beiträgt.

So wie die Kirchen in Europa einen wichtigen Beitrag bei der Überwindung der Grenzen im Jahr 1989 geleistet haben, wollen die Kirchen heute zur Überwindung innereuropäischer Gräben beitragen. Wir haben weiter Hoffnung für Europa! Die heutige Erinnerung an die Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und die damit verbundene Erfolgsgeschichte für Frieden und Einheit sollten uns als Christen zum tatkräftigen Bekenntnis für Europa ermutigen.

Die Präsenz der Gemeinden vor Ort sowie die vielfältigen ökumenischen Kontakte in Europa wollen wir noch stärker dazu nutzen, den Austausch unter den Menschen zu unterstützen und Zeichen der europäischen Verbundenheit zu setzen. Deshalb fördern wir die stärkere kirchliche Zusammenarbeit in Europa und unterstützen beispielsweise die Idee eines europäischen ökumenischen Kirchentags. Die große Mehrheit der Europäer gehört einer Religionsgemeinschaft an, die meisten von ihnen sind Christen. Religionen müssen als Kräfte der Versöhnung, des Friedens und der Solidarität wirken. Als christliche Kirchen wollen wir daher den Dialog der Religionen in Europa stärken, und so das gelebte Miteinander in der Europäischen Union voranbringen.

Im Sinne des christlichen Erbes, dem sich die Unterzeichner der Römischen Verträge 1957 verpflichtet sahen, appellieren wir als Kirchen an die politisch Verantwortlichen, die hieraus erwachsende besondere moralische Verantwortung Europas in der Welt wahrzunehmen. Deshalb sind wir froh darüber, dass Europa ein Ort ist, an dem Menschen auf der Flucht vor Krieg und Verfolgung Schutz erfahren und wir treten dafür ein, dass es so bleibt. Auch in der Krise darf sich Europa nicht selbst genug sein, sondern muss für eine Entwicklung der ganzen Welt in Frieden und Gerechtigkeit Sorge tragen.“

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