Soeben hat das Europäische Parlament in einer Resolution harte Kritik an der rumänischen Regierung aus Sozialdemokraten und Liberalen geübt, die ab Anfang 2019 die Ratspräsidentschaft übernehmen wird. Das Parlament kritisiert mit breiter Mehrheit der proeuropäischen Parteien die Schwächung der Unabhängigkeit der Gerichte und der Institutionen zur Korruptionsbekämpfung. Zuletzt wurde auch bekannt, dass Journalisten, die geleakte Dokumente über mutmaßliche Korruption mit Verbindung zu Liviu Dragnea (Vorsitzender der regierenden Sozialdemokraten) auswerten, bedroht werden. Die Datenschutzbehörde der rumänischen Regierung setzt die Journalisten mit einem nach einer 10 Tage Frist angedrohten täglichen Strafgeld von 644 EUR unter Druck, um sie zur Preisgabe ihrer Quellen zu zwingen. Dabei beruft sich die Regierung auf die Europäische Datenschutzgrundverordnung. Die DSGVO enthält aber eine Ausnahme für Journalisten. Dazu sagt der wirtschafts- und finanzpolitische Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament, Sven Giegold:
“Rechtsstaatlichkeit und Pressefreiheit sind in Rumänien massiv bedroht. Dem gefährlichen Verfall von europäischen Grundwerten in Rumänien werden wir nicht tatenlos zusehen. Die rumänische Regierung missbraucht das europäische Datenschutzrecht, um investigative Journalisten unter Druck zu setzen. Die Bedrohung der Journalisten zeigt, dass die Regierung ganz offenbar etwas zu verbergen hat. Die Europäische Kommission muss den Angriff der rumänischen Regierung auf die Pressefreiheit scharf verurteilen. Frans Timmermans sollte als sozialdemokratischer Spitzenkandidat auf seine Parteikollegen in Rumänien Druck machen. Die Europäischen Sozialdemokraten dürfen sich nicht wegducken, wenn die Grundwerte Europas aus ihren eigenen Reihen angegriffen werden.
Den Entwurf der Resolution finden Sie hier:
https://sven-giegold.de/wp-content/uploads/2018/11/Rule-of-law-in-Romania_final-draft.doc
Solidaritäts-Statement des Netzwerks investigativer Journalisten, zu dem auch die getöteten Journalisten Daphne Galizia und Jan Kuciak gehörten:
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HINTERGRUND
Artikel 85 der DSGVO ‘Verarbeitung und Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit’
(1) Die Mitgliedstaaten bringen durch Rechtsvorschriften das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten gemäß dieser Verordnung mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit, einschließlich der Verarbeitung zu journalistischen Zwecken und zu wissenschaftlichen, künstlerischen oder literarischen Zwecken, in Einklang.
(2) Für die Verarbeitung, die zu journalistischen Zwecken oder zu wissenschaftlichen, künstlerischen oder literarischen Zwecken erfolgt, sehen die Mitgliedstaaten Abweichungen oder Ausnahmen von Kapitel II (Grundsätze), Kapitel III (Rechte der betroffenen Person), Kapitel IV (Verantwortlicher und Auftragsverarbeiter), Kapitel V (Übermittlung personenbezogener Daten an Drittländer oder an internationale Organisationen), Kapitel VI (Unabhängige Aufsichtsbehörden), Kapitel VII (Zusammenarbeit und Kohärenz) und Kapitel IX (Vorschriften für besondere Verarbeitungssituationen) vor, wenn dies erforderlich ist, um das Recht auf Schutz der personenbezogenen Daten mit der Freiheit der Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit in Einklang zu bringen.
(3) Jeder Mitgliedstaat teilt der Kommission die Rechtsvorschriften, die er aufgrund von Absatz 2 erlassen hat, sowie unverzüglich alle späteren Änderungsgesetze oder Änderungen dieser Vorschriften mit.
Vergleiche: https://easygdpr.eu/de/gdpr-article/85/