Sven Giegold

EU-Urheberrechtsreform: Wir haben heute im Rechtsausschuss dagegen gestimmt

Liebe Freundinnen und Freunde,

Liebe Interessierte,

heute hat der Rechtsausschuss des Europaparlaments über die Urheberrechtsreform abgestimmt. Dabei wurde der zuvor ausgehandelte Kompromiss zwischen EU-Parlament, Kommission und Rat mit 16 zu 9 Stimmen angenommen. Wir Grüne haben im Ausschuss gegen den Vorschlag gestimmt. Christdemokraten, Liberale und Rechtsextreme stimmten für den schlechten Kompromiss. Sozialdemokraten waren gespalten, während die Linksfraktion den Deal ablehnte. Die entscheidende Abstimmung findet jedoch im Plenum des Europaparlament statt. Dort wird es viel knapper werden.

Problematisch sind aus unserer Sicht vor allem Artikel 11 und 13 (Uploadfilter) des Beschlusses. Entgegen der Zusage im Koalitionsvertrag hat die Bundesregierung im Rat der Europäischen Union aktiv für Uploadfilter verhandelt. Wir haben eine Grafik über das heutige Abstimmungsverhalten der deutschen EU-Abgeordneten erstellt – bitte teilt sie in den sozialen Netzwerken:

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In Artikel 13 wird Uploadfiltern der Weg gebahnt. Wir finden es richtig und wichtig, dass sich UrheberInnen zusammenschließen, um kollektiv gegenüber Plattformen aufzutreten und diese zu Lizenzen zu verpflichten. Das unterstützen wir und der Zwang zur Vergütungsverpflichtung in Artikel 13 ist richtig. Nicht unterstützen können wir aber eben den Zusatz, dass Plattformen mit hochproblematischen Technologien verhindern sollen, dass nicht-lizenzierte Inhalte hochgeladen werden können. Stattdessen wollen wir, dass Plattformen wie Youtube Lizenzen erwerben und bezahlen. Im Grund übertragen wir damit das analog erprobte und bewährte Lizenz-System (Kopierer, Schulbücher, Radiosendungen….) auf die digitale Welt.

Ebenfalls lehnen wir Artikel 11 zur geplanten Einführung eines europaweiten Leistungsschutzrechts ab. Dadurch soll die Wiedergabe von mehr als „einzelnen Worten oder sehr kurzen Textausschnitten“ eines Presseartikels oder einer Nachricht von der vorherigen Lizenzierung abhängig gemacht werden. Dies erzeugt große rechtliche Unsicherheit, wie solche sehr kurzen Vorschautexte von Links aussehen können. Die Entscheidung über die Freiheit im Netzes wird damit vom Gesetzgeber auf Gerichte übertragen. Wir wollen zudem, dass Einzelpersonen und kleinere Anbieter im Netz großzügige Befreiungen bekommen. Artikel 11 droht, die marktbeherrschende Stellung großer Unternehmen wie Google sogar zu stärken.

Das sind die zentralen Gründe, warum wir den Vorschlag zur Urheberrechtsreform ablehnen. Wir unterstützen das Anliegen von Urheber*innen, angemessen kompensiert zu werden ebenso wie das zivilgesellschaftliche Engagement für ein freies Internet. Um Urheber*innen endlich angemessen an den Erlösen von Lizenzierungen zu beteiligen, wollen wir eine umfassende Reform des Urhebervertragsrechts und der Verwertungsgesellschaften (Gema, VG Wort) auf den Weg bringen. Urheber*innen, deren Werke nicht lizenziert sind, sollen ihre Rechte weiterhin auf etablierten Meldewegen oder mit rechtlichen Mitteln durchsetzen können.

Uploadfilter sind der vollkommen falsche Ansatz, um Vergütungs- und Verteilungsfragen zu lösen. Sie schränken die Pressefreiheit, das Recht auf freie Meinungsäußerung und auch die Möglichkeit, ungehindert eigene Inhalte zu publizieren, ein. Sie grenzen auch legitime Inhalte aus und verengen damit das Angebot für eine vielfältige Meinungsbildung. Dies trifft Journalist*innen und Medienhäuser genauso wie Satiriker*innen, YouTuber*innen und Influencer*innen. Und alle einzelnen NutzerInnen.

Uploadfilter stellen kleine und nicht-kommerzielle Anbieter vor zusätzliche Hürden, verhindern Innovationen und werden den Einfluss marktbeherrschender Plattformen noch verstärken. Ihre Wirksamkeit bei absichtlich begangenen Urheberrechtsverletzungen ist gering, da die Uploadfilter technisch umgangen werden können.

Ich möchte Euch auch auf die europaweiten Demos am 23. März gegen die EU-Urheberrechtsreform hinweisen. Wir Grünen unterstützen den Aufruf der #Saveyourinternet Kampagne zu diesen Protesten.

Mit europäischen Grüßen
Sven Giegold

Rubrik: Unkategorisiert

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