Sven Giegold

Europäische Investitionsbank: Europaparlament fordert Stopp von Krediten für fossile Investitionen und country-by-country reporting von allen Kunden

Heute hat das Europäische Parlament seinen Jahresbericht über die Kontrolle der Finanztätigkeit der Europäischen Investitionsbank (EIB) für 2016 mit großer Mehrheit verabschiedet. Mit dem Bericht fordert das Parlament die EIB auf, sich aus fossilen Energien zurückzuziehen sowie umweltfreundliche und nachhaltige Investitionen mehr noch als bisher zu fördern. Zudem fordert der Bericht, die Finanzierung von Projekten zu beenden, die unter Korruptionsverdacht stehen, sowie von Kreditnehmern mit aggressiven Steuersparmodellen oder Niederlassungen in Steueroasen betrieben werden. Auch bei den internen Regeln der EIB zu Transparenz, Interessenkonflikten und Korruptionsvermeidung sieht das Parlament Verbesserungsbedarf. Die EIB ist der stärkste Akteur in der EU in der Finanzierung von Großprojekten und stellt direkte Mittel und Garantien für Regierungen und private und öffentliche Unternehmen bereit.

 

Dazu sagt der wirtschafts- und finanzpolitische Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament, Sven Giegold:

“Dieser Bericht ist ein Erfolg für nachhaltigere und transparentere öffentliche Investitionen. Für die EIB ist nun Divestment von fossilen Energien und ihrer Infrastruktur angesagt. Die Finanzierung der EIB ist ein wichtiger Hebel, um europäische Ziele beim Klimaschutz und der Wende zu einer nachhaltigeren Wirtschaftsweise zu erreichen.

Europäische Institutionen sollten vorbildlich bei der Umsetzung von EU-Regeln sein. Daher fordert der Bericht von der EIB, die Weiterfinanzierung von Projekten, die unter konkretem Betrugs- oder Korruptionsverdacht stehen, umgehend einzustellen. Dies betrifft beispielsweise Kredite der EIB an Volkswagen. Ohnehin fehlt klassischen Darlehen an Großunternehmen die geforderte Zusätzlichkeit für EIB-Finanzierungen.

Die EIB braucht starke Regeln gegen Interessenkonflikte und harte Kriterien, um Korruption in der eigenen Behörde zu verhindern. Außerdem sollte die Bank alle EU-Regeln zur Bekämpfung von Steuervermeidung zügig umsetzen und dies auch von ihre Kunden verlangen. Mit dem Bericht fordern wir von der EIB, wirtschaftlich Berechtigte von Investitionsprojekten in der Offenlegung transparent zu machen und sich der länderspezifischen Offenlegung zu verpflichten. Weiterhin soll die EIB keine Kredite mehr an Länder vergeben, die in der Zusammenarbeit im Steuerbereich nicht kooperativ sind.”

 

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Relevante Ziffern des verabschiedeten Berichts:

 

30. fordert die Bank auf, Aufschluss über EFSI-Vorhaben zu geben, die möglicherweise Infrastruktureinrichtungen wie etwa Bioraffinerien, Stahlwerke, Wiederverdampfungs- und Gasspeicheranlagen sowie Autobahnen einschließen, die erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben und deren Zusätzlichkeit bezweifelt werden darf; fordert die Bank auf, den Stellungnahmen der Behörden vor Ort, der betroffenen Gemeinschaften und der Zivilgesellschaft im Einklang mit ihren Due-Diligence-Verfahren angemessen Rechnung zu tragen; empfiehlt der EIB, nach Maßgabe des Vorsorgeprinzips Finanzhilfen einzufrieren und nötigenfalls zu widerrufen, sofern wissenschaftliche Nachweise für Umweltverstöße und Nachteile für die Gesellschaft oder für lokale Gemeinschaften vorliegen oder ein erhebliches Risiko hierfür besteht;

64. hebt die große Bedeutung der auf der COP 21 festgelegten verkehrspolitischen Ziele für die Bekämpfung des Klimawandels hervor; bekundet seine Besorgnis darüber, dass der Verkehr für annähernd ein Viertel der Treibhausgasemissionen in der EU verantwortlich zeichnet und die Hauptursache für die Luftverschmutzung in Städten ist und dass die Emissionen in diesem Bereich immer noch über dem Wert von 1990 liegen; nimmt zur Kenntnis, dass die EIB im Zeitraum 2014–2016 Vorhaben im Bereich fossile Energieträger in Höhe von insgesamt 5,3 Mrd. EUR in den Mitgliedstaaten finanziert hat, nämlich zwei Erdölvorhaben, ein Kohlevorhaben und 27 Vorhaben in Verbindung mit Gas, während weitere 976 Mio. EUR durch die externe Garantie in sechs Projekte außerhalb der EU geflossen sind, von denen eines in Zusammenhang mit Kohle und fünf in Zusammenhang mit Erdgas stehen; betont, dass mit den Finanzierungen der Übergang vom Straßenverkehr auf nachhaltigere Verkehrsträger gefördert werden sollte;

66. fordert die EIB auf, die Finanzierung von Vorhaben, die im Einklang mit ihrer Klimaschutzstrategie und dem Übereinkommen von Paris stehen, zu fördern und ihre Unterstützung fossiler Brennstoffe auslaufen zu lassen, damit sie zu einem Schlüsselakteur der EU bei den weltweiten gemeinsamen Bemühungen um die Bekämpfung des Klimawandels wird, sowie im Einklang mit der Energiestrategie 2030 die nachhaltige Entwicklung und Verwirklichung eines wettbewerbsfähigeren, sichereren und nachhaltigeren Energiesystems zu fördern; fordert die EIB in diesem Sinne auf, insbesondere im Rahmen der Förderung von Investitionen im Energiesektor keine Vorhaben zu finanzieren, bei denen besonders umweltbelastende und veraltete Technologien zum Tragen kommen; fordert die EIB auf, ihre Darlehenstätigkeit zugunsten von öffentlichen Infrastrukturvorhaben zur Abschwächung der Auswirkungen des Klimawandels (etwa Überschwemmungen) und zugunsten kleinerer Vorhaben im Bereich der erneuerbaren Energie auszubauen;

67. fordert die EIB auf, ihre Unterstützung für erneuerbare Energie und hier insbesondere für dezentrale Projekte und Kleinprojekte auszuweiten;

90. bekundet seine tiefe Besorgnis darüber, dass die Leitung der Bank bislang den Forderungen der Ziffern 75 und 76 der Entschließung des Parlaments zu der Kontrolle der Finanztätigkeit der EIB für 2015 in keiner Weise nachgekommen ist, und hält schlüssigere Regeln für Interessenkonflikte und eindeutige, strenge und transparente Kriterien für die Abwendung von Korruption für erforderlich; weist erneut darauf hin, dass die EIB ihren Verhaltenskodex überarbeiten muss, damit dafür gesorgt ist, dass ihre Vizepräsidenten nicht für Transaktionen in ihren Heimat-Mitgliedstaaten zuständig sind, da dies eine Gefahr für die Unabhängigkeit der Bank darstellen könnte; bekundet seine tiefe Besorgnis über die Mängel, die in den derzeit angewandten Mechanismen der EIB zur Abwendung etwaiger Interessenkonflikte in ihren Leitungsgremien ausgemacht wurden; fordert die EIB in diesem Zusammenhang auf, den Empfehlungen der Bürgerbeauftragten Rechnung zu tragen und ihren Verhaltenskodex so schnell wie möglich zu überarbeiten, damit Interessenkonflikte in ihren Leitungsgremien und Probleme im Zusammenhang mit dem Drehtüreffekt wirksamer verhindert werden; fordert die EIB auf, der Interinstitutionellen Vereinbarung über das EU-Transparenzregister beizutreten, sobald die Verhandlungen zwischen der Kommission, dem Parlament und dem Rat abgeschlossen sind;

91. unterstreicht, dass die Bekämpfung sämtlicher Ausprägungen schädlicher Steuerpraktiken auch künftig zu den obersten Prioritäten der EIB gehören sollte; fordert die EIB auf, die einschlägigen Rechtsvorschriften und Standards der EU über Steuervermeidung, Steueroasen und damit zusammenhängende Aspekte umgehend anzuwenden und ihre Kunden aufzufordern, diese Regeln entsprechend einzuhalten; bekundet seine Besorgnis – insbesondere dann, wenn bei der Finanzierung auf private Beteiligungsfonds zurückgegriffen wird – darüber, dass die EIB keine Informationen über die letztendlichen wirtschaftlichen Eigentümer offenlegt; fordert die EIB mit Nachdruck auf, vorausschauend tätig zu werden und die Einhaltung der Sorgfaltspflicht verstärkt zu prüfen, wenn sich bei EIB-Projekten herausstellt, dass sie mit Steuergebieten zusammenhängen, die steuerlich bedenklich sind;

92. weist erneut darauf hin, dass die EIB ein vollständiges öffentliches Verzeichnis der Kriterien für die Auswahl von Finanzintermediären aufstellen muss, damit der Einsatz der EU im Kampf gegen Steuermissbrauch verstärkt und den Gefahren von Korruption und Unterwanderung durch organisierte Kriminalität und Terrorismus wirksamer vorgebeugt werden kann; hält es für geboten, dass die Kriterien für die Projektbewertung verbessert werden, damit dafür gesorgt ist, dass EU-Gelder nicht über Stellen in Drittländern investiert werden, die die internationalen Steuerstandards nicht einhalten;

93. unterstreicht, dass die Standards im Bereich der Steuertransparenz und der verantwortungsvollen Steuerverwaltung insbesondere mit Blick auf die Bestimmungen über Steuervermeidung gestärkt werden sollten; nimmt zur Kenntnis, dass die EU-Liste der nicht kooperierenden Staaten und Steuergebiete Ende 2017 verabschiedet wurde; fordert die EIB in diesem Zusammenhang auf, bei ihrer laufenden Überprüfung ihre Politik gegenüber intransparenten und nicht kooperierenden Steuergebieten (NCJ-Politik) zu stärken, indem sie ihre Politik für eine verantwortungsvolle Besteuerung auf eine breitere Grundlage stellt; fordert die EIB auf, die Machbarkeit höherer Steuertransparenzstandards zu belegen, indem sie eine Politik umsetzt, die über die rechtlichen Mindestanforderungen hinausgeht, wobei sie als Orientierungshilfe im Bereich der fairen Besteuerung fungieren sollte; betont insbesondere, dass die Vergabe von direkten und indirekten Darlehen daran geknüpft werden sollte, dass länderspezifische Steuer- und Finanzdaten veröffentlicht und die Daten zum wirtschaftlichen Eigentum der an den Finanzierungstätigkeiten beteiligten Begünstigten und Finanzintermediären ausnahmslos offengelegt werden;

Rubrik: Europaparlament, Wirtschaft & Währung

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