Sven Giegold

Europäische Sammelklage: Durchbruch für Verbraucherschutz in Europa

Die EU-Kommission präsentiert heute ihr Gesetzgebungspaket zum Verbraucherschutz. Darin enthalten ist ein Vorschlag zu einer Überarbeitung der Regeln zu Sammelklagen, der für viele verbrauchernahe EU-Rechtsakte Gültigkeit haben soll. Der Vorschlag würde die gemeinsamen Klagerechte um die Möglichkeit der kollektiven Entschädigung erweitern. Zukünftig sollen Verbraucher in einfachen Fällen, wenn Betroffene und Schadenshöhe bekannt sind, direkt entschädigt werden. In komplexeren Fällen könnten Verbraucher individuell auf Entschädigung klagen und sich dabei auf eine beispielhafte gerichtliche Sachentscheidung (Musterfeststellung) stützen. Verbraucher sollen bei diesen Sammelklagen von Verbraucherschutzorganisationen vertreten werden. Bisher sind kollektive Schadensersatzklagen in Deutschland nur für Kapitalanleger möglich.

 

Dazu sagt der wirtschafts- und finanzpolitische Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament, Sven Giegold:

“Das Recht auf Sammelklagen ist ein Durchbruch für den Verbraucherschutz in Europa. Das Machtgefälle zwischen Großunternehmen und Verbrauchern wird in Europa ein Stück kleiner. Produkte werden für die Massen produziert, also müssen Verbraucher auch im Kollektiv klagen können, wenn sie beispielsweise massenhaft bei Geldanlagen, Pauschalreisen oder beim Kauf im Internet geprellt werden. Die bisherige Straflosigkeit verschaffte betrügerischen Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil gegenüber ehrlichen Konkurrenten. Wenn massenhaft gegen Verbraucherrechte verstoßen wird, darf nicht “wo kein Kläger, da kein Richter” gelten.

Sammelklagen werden in Europa nicht zur Goldgrube für Kanzleien, sondern zum Instrument von Verbraucherschützern. Das ist ein wichtiger Unterschied zum amerikanischen Modell. Auch die Bundesregierung sollte die von der Kommission vorgeschlagene einfache Sammelklage mit direkter Entschädigung für alle kleinen und mittleren Schadensbeträge ermöglichen. Nur mit einer Sammelklage können viele Leidtragende entschädigt werden. Der Dieselskandal hat gezeigt, dass wir ein starkes Recht zur Sammelklage brauchen, um Verbrauchern sowie den Wettbewerb und Rechtsstaat zu stärken.

Eine individuelle Klage auf Basis einer Musterfeststellung, wie von der Bundesregierung vorgeschlagen, wäre für den Einzelnen zu aufwändig. Die Form der Klage sollte nur in wirklich komplexen Fällen Anwendung finden, in denen individuelle Klagen der einzelnen Geschädigten unumgänglich und große Beträge im Spiel sind. Für die Betrogenen des Dieselskandals tut sich mit der Sammelklage eine reale Chance auf Entschädigung auf. Dies könnte die drohende Verjährung der Schadensersatzansprüche von Dieselbetrogenen in Deutschland verhindern und ihnen den Weg zu einer Entschädigung ebnen.”