Sven Giegold

Financial Times: Streit über Macht der EU-Aufsicht

Berlin und London pochen auf Entscheidungsgewalt nationaler Finanzregulierer

Mark Schrörs, Brüssel …………………………………………………

Ein Konflikt wirft ein Schlaglicht auf das Ringen um den Einfluss der neuen europäischen Finanzaufsichtsbehör-den. Deutschland und Großbritannien stemmen sich gegen allzu große Be-fugnisse der neuen EU-Wertpapier-aufsicht ESMA bei der Zulassung und Aufsicht sogenannter zentraler Ge-genparteien für Wertpapiergeschäfte. In einem nicht öffentlichen Papier für Beratungen der Mitgliedsländer, das der FTD vorliegt, pochen sie darauf, dass die nationalen Aufseher stets das letzte Wort haben müssen. Ihre Be-gründung: Sollte eine dieser Abwick-lungsstellen in finanzielle Schwierig-keiten geraten, sei es schließlich Aufgabe der Mitgliedsstaaten, einzu-springen und sie zu stützen. Als eine Lehre aus der Finanzkrise soll die Aufsicht in der EU besser koor-diniert und verzahnt werden. Dazu wurden drei neue Behörden für Ban-ken (EBA), Versicherer (EIOPA) und Wertpapiere (ESMA) geschaffen, die mit weitgehenden Kompetenzen aus-gestattet wurden. Viele Mitglieds-staaten wollen aber nicht, dass sie zu mächtig werden und den nationalen Aufsehern Vorgaben machen. Um die Risiken im Derivatehandel zu begrenzen und das Finanzsystem stabiler zu machen, sollen künftig mehr Wertpapiergeschäfte über zen-trale Gegenparteien (Central Counter-party, CCP) laufen. Dazu zählt etwa die deutsch-schweize-rische Terminbörse Eurex. Diese Gegen-parteien stellen sich zwischen Käufer und Verkäufer eines Derivats und übernehmen auch das Ausfall-risiko für die Handelspartner. Allerdings werden diese Stellen selbst daher künftig zu extrem sys-temrelevanten Akteu-ren – weshalb eine hef-tige Debatte darüber ent-brannt ist, wie mit ihnen umzu-gehen ist. Eine ganz frühe Idee war, die Kontrolle der CCPs in Europa kom-plett auf EU-Ebene anzusiedeln. So weit war aber bereits die Europä-ische Kommission in ihrem Ge-setzesvorschlag vom Herbst des vergangenen Jahres nicht gegan-gen. Ihr Ansatz sah aber eine wichtige Rolle für die ESMA bei der Zulassung und indirekt auch bei der Aufsicht vor – die vor allem über sogenannte Kollegien ausgeübt wer-den soll, die aus ESMA- und nationa-len Aufsehern zusammengesetzt sind. Einige EU-Länder stützen das und wollen den Einfluss gar ausweiten.

Die Regierungen in Berlin und London stellen sich dem entgegen. Es sei „weder nötig, noch angemessen“, der ESMA bei den CCPs mehr Einfluss zu geben, heißt es in dem Papier Deutschlands und Großbritanniens. Auch deshalb ziehen sich die Beratun-gen der EU-Länder hin. Ein weiterer Streitpunkt ist die Zu-lassung von Abwicklungsstellen aus Drittländern. Deutschland und Groß-britannien wollen erreichen, dass die nationalen Aufseher hier das ent-scheidende Wort haben, wie bei CCPs aus Mitgliedsländern auch. Die Kom-mission hatte hingegen vorgeschla-gen, die Entscheidung bei CCPs aus Nicht-EU-Staaten ganz der ESMA zu überlassen. Auch im Rat, der Vertre-tung der Mitgliedsländer, wollen das einige so.

Der Finanzexperte der Grünen im Europäischen Parlament, Sven Gie-gold, kritisierte die Haltung Deutsch-lands. „Die Bundesregierung blockiert im Rat eine effektive Finanzmarktauf-sicht. Zentrale Gegenparteien sind Teil der grenzüberschreitenden Fi-nanzmarktinfrastruktur und müssen aus einem Guss kontrolliert werden“, sagte Giegold der FTD. Mitgliedslän-der und Parlament müssen am Ende zusammen über die neuen Vorgaben entscheiden. Die Rolle der ESMA ist allerdings nicht der einzige Punkt, der bei dieser Gesetzesinitiative im Rat umstritten ist. Auch die Frage, ob die zentralen Gegenparteien Zugang zu Zentral-bankliquidität haben sollen, ist noch offen. Offenbar wirbt vor allem Frank-reich dafür, andere lehnen das ab.

FTd: Streit über Macht der EU-Aufsicht

 

Rubrik: Europaparlament

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